Vergleichsweise wenige Herzkranke in der Landeshauptstadt

26.09.22 | In Berlin sind weniger Menschen von der Koronaren Herzkrankheit betroffen als im bundesweiten Durchschnitt: Mit einer Krankheitshäufigkeit von 7,2 Prozent in der Bevölkerung ab 30 Jahren liegt Berlin deutlich unter dem bundesweiten Durchschnittswert von 8,3 Prozent. Das zeigt der aktuelle „Gesundheitsatlas Koronare Herzkrankheit“, den das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) im Vorfeld des Weltherztages am 29. September veröffentlicht hat.

 

Insgesamt waren in Berlin im Auswertungsjahr 2020 rund 181.000 Menschen ab 30 Jahren an einer Koronaren Herzkrankheit (KHK) erkrankt. Die Krankheitshäufigkeit steigt mit zunehmendem Alter deutlich an. Die höchsten Werte werden in Berlin in der Altersgruppe ab 90 Jahren erreicht: Bei den Männern sind 42,8 Prozent und bei den Frauen 28,9 Prozent dieser Altersgruppe von KHK betroffen. Grundsätzlich wird durch den Atlas deutlich, dass Männer in jeder Altersgruppe häufiger an KHK erkranken als Frauen.

„Dass Männer häufiger an KHK erkranken, ist neben biologischen Faktoren auch durch den höheren Raucheranteil zu erklären“, erläutert Heike Thielmann, Leiterin im Cluster Versorgung bei der AOK Nordost. „Rauchen ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung einer Koronaren Herzkrankheit, und in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten war der Raucheranteil unter den Männern immer deutlich höher als unter den Frauen.“ Der Zusammenhang zwischen KHK und Rauchen spiegelt sich auch in der regionalen Auswertung des Gesundheitsatlas wider: In Regionen mit besonders vielen Rauchenden liegt der Anteil der KHK-Patientinnen und -Patienten bei 9,3 Prozent, in Regionen mit wenigen Rauchenden dagegen bei nur 7,4 Prozent. Dieser Unterschied bleibt auch bestehen, wenn in einem „fairen“ Vergleich unterschiedliche Alters- und Geschlechtsstrukturen berücksichtigt werden. „Analysen des Gesundheitsatlas bestätigen zudem, dass materiell und sozial benachteiligte Menschen häufiger von einer KHK betroffen sind als Menschen mit einem hohen sozialen Status“, so Thielmann.

Zusammenhang zwischen KHK und Bluthochdruck

Auch der Zusammenhang zwischen KHK und Bluthochdruck zeigt sich in den regionalen Auswertungen. So lag der KHK-Patientenanteil in den deutschen Regionen mit den wenigsten Bluthochdruck-Patientinnen und -Patienten bei 6,7 Prozent, in Regionen mit besonders vielen Hypertonie-Erkrankten dagegen bei 11,2 Prozent. Außerdem zeigt der Gesundheitsatlas einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Diabetes mellitus Typ 2 und Koronarer Herzkrankheit.

Strukturierte Behandlung für eine bessere Kontrolle der Erkrankung

Die AOK Nordost engagiert sich seit Jahren für eine bessere und strukturierte medizinische Versorgung ihrer Versicherten mit Koronarer Herzkrankheit. So ist das Disease-Management-Programm (DMP) „AOK-Curaplan“ für Versicherte mit KHK-Patienten seit fast 20 Jahren ein fester Bestandteil der Versorgung.

Aktuell sind 28.357 Versicherte der AOK Nordost in Berlin in dieses Programm eingeschrieben. „Auffällig ist, dass - auch GKV-weit - deutlich weniger Menschen an den DMP teilnehmen, als es Erkrankte gibt, nämlich nur rund die Hälfte. Der Gesundheitsatlas zeigt hier einen offenen Bedarf. Hier sind die Ärztinnen und Ärzte gefragt, ihre Patientinnen und Patienten noch besser über den Nutzen des DMP zu informieren“, sagt Thielmann. Ziel des DMP ist es, bei den eingeschriebenen Patientinnen und Patienten durch regelmäßige ärztliche Behandlungen und durch das Vereinbaren individueller Therapieziele das Herzinfarkt-Risiko und die Sterblichkeit zu senken und die Lebensqualität zu erhalten. Krankheitsbedingte Beschwerden aufgrund von Angina-pectoris-Anfällen wie Engegefühl in der Brust oder Luftnot sollen so weit wie möglich reduziert werden. Um das zu erreichen, steht auch ein herzgesunder Lebensstil mit vermehrter Bewegung und gesunder Ernährung im Fokus des AOK-Behandlungsprogramms. Dazu gehörten auch Beratungsangebote und Hilfen zum Rauchverzicht.
 

Innovatives Verfahren ermöglicht Aussagen auf lokaler Ebene

Für den Gesundheitsatlas ist ein Hochrechnungsverfahren zum Einsatz gekommen, das für diesen Zweck vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) in Zusammenarbeit mit der Universität Trier entwickelt worden ist. Es erlaubt auf Basis der Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten zuverlässige Aussagen zu Krankheitshäufigkeiten in der gesamten Wohnbevölkerung Deutschlands bis auf die lokale Ebene. Unterschiede zwischen den AOK-Versicherten und der Gesamtbevölkerung in Bezug auf Alter, Geschlecht und Krankheitshäufigkeit werden dabei durch ein innovatives statistisches Verfahren herausgerechnet. Ziel der Analysen des Gesundheitsatlas ist es, den Akteuren vor Ort fundierte Informationen über das Krankheitsgeschehen in ihrer Region bereitzustellen. In die Analyse einbezogen wurden Personen ab 30 Jahren mit einer ärztlich dokumentierten KHK-Diagnose oder einem für die KHK spezifischen Eingriff an den Herzkranzgefäßen.

Der „Gesundheitsatlas Koronare Herzkrankheit“ steht auf der Website des WIdO unter https://www.gesundheitsatlas-deutschland.de zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Koronare Herzkrankheit

Die Koronare Herzkrankheit ist eine chronisch verlaufende Erkrankung, bei der atherosklerotische Ablagerungen zu einer Verengung in den Herzkranzgefäßen mit der Folge eines verringerten Blutflusses führen. Daraus resultiert ein Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und -angebot im Herzmuskel. Im akuten Zustand spüren Patientinnen und Patienten die Koronare Herzerkrankung als Angina-pectoris-Anfall oder schlimmstenfalls als Herzinfarkt.