Schnelles Nachweissystem für Multiresistenzen bei Tuberkuloseinfektionen

Die Tuberkulose-Epidemie bis 2030 zu beenden, ist eines der Ziele der Vereinten Nationen. 2020 wurden weltweit ca. 10 Millionen Fälle registriert, ca. 1,5 Millionen Menschen starben an den Folgen der Erkrankung. Das macht Tuberkulose nach COVID-19 zur zweit-tödlichsten Infektionskrankheit weltweit. Multiresistente Varianten des Bakteriums Mycobacterium tuberculosis stellen vor allem aufgrund mangelnder Laborinfrastruktur in Entwicklungsländern ein zunehmendes Problem bei der Diagnose und damit bei der erfolgreichen Behandlung dar. Ein nationaler Verbund aus acht Unternehmen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen will dem mithilfe der Photonik begegnen und hat am 13.01.2022 seine Lösungsansätze im Kick-off-Treffen des vom BMBF geförderten dreijährigen Projekts FluoResYst vorgestellt. Ziel ist die Entwicklung eines kompakten Nachweissystems für Multiresistenzen bei Tuberkuloseinfektionen für eine schnelle Diagnostik und eine effiziente Behandlung von Betroffenen.

 

Photonisches Point-of-Care-Nachweissystem statt Labordiagnostik

Um Multiresistenzen von Tuberkulose-Bakterien zu begegnen, müssen Verdachtsfälle täglich getestet und bei positivem Laborbefund schnell behandelt und isoliert werden. In der Regel fehlt es jedoch an der dafür notwendigen Laborinfrastruktur und Logistik, denn 95 Prozent der Tuberkulose-Erkrankungen treten in Entwicklungs- und Schwellenländern auf. Im Projekt »Zeitaufgelöste Fluoreszenzdetektion für die integrierte Multiparameter-Analyse von Multiresistenzen beispielgebend bei Tuberkulose«, kurz FluoResYst, werden die Partner eine innovative Methode für eine beschleunigte Diagnostik von Multiresistenzen von bakteriellen Erregern am Beispiel der Tuberkulose entwickeln. Ziel ist ein kompaktes und kostengünstiges photonisches Point-of-Care-Nachweissystem, das die Tuberkulosediagnostik auch außerhalb von Laboren und somit schnell und direkt vor Ort ermöglichen soll.

Innovation: Kombination schneller Fluoreszenz-Effekte mit schnellen Detektoren

Durch die innovative Methode sollen zum einen aufwändige manuelle Laborschritte für den biochemischen Nachweis verkürzt und bereits im Gerät bereitgestellt und zum anderen die schnelle Detektion und Auswertung über integrierte optoelektronische Komponenten erreicht werden. Die Detektion der Multiresistenz-Gene der Erreger basiert auf einem Fluoreszenz-Quenching-Effekt. Dabei wird das Leuchten eines Fluoreszenz-Farbstoffes, der an ein DNA-Fragment gekoppelt ist, durch die Bindung eines Antikörpers unterdrückt. Wird nun eine Probe mit dem gesuchten Genabschnitt hinzugegeben, löst sich diese Bindung und die DNA leuchtet auf.

Um Fluoreszenz erfassen zu können, werden die entsprechenden Fluoreszenz-Farbstoffe mit Licht einer bestimmten Wellenlänge angeregt und geben daraufhin Licht einer anderen Wellenlänge ab, das gemessen wird. Um das Nachweissystem günstig zu gestalten, sollen Anregungs- und Fluoreszenzlicht nicht über teure optische Filter, sondern über ihre Abklingzeiten unterschieden werden. Die für den Quenching-Effekt eingesetzten Fluoreszenz-Farbstoffe haben sehr kurze Nachleuchtzeiten im Nanosekundenbereich. Um die Multiresistenz-Gene zeitaufgelöst messen zu können, benötigt man einen sehr schnellen Bildsensor und einen noch schnelleren, im Pikosekundenbereich abschaltenden Laser als Anregungslicht. Für beides werden im Projekt neue integrierte Schaltungen entwickelt. Der Bildsensor wird mit neuen Single-Photon-Avalan­che-Dioden (SPAD) realisiert. Diese hochempfindlichen und bislang meist für Anwendungen im autonomen Fahren genutzten Photodioden können nicht nur einzelne Photonen detektieren, sondern erreichen vor allem die benötigten Messgeschwindigkeiten bis in den Gigahertz-Bereich.  

Plattform auch für andere Multiresistenznachweise anpassbar

Die Kombination dieser beiden Innovationen, des biochemischen Fluoreszenz-Quenching-Antikörper-Assays mit der photonischen Integration zeitaufgelöster Fluoreszenzmessung für kurzlebige Fluorochrome, führt zu einer neuen Detektionstechnologie, mit der bisher nur aufwändig zugängige komplexe Analysen stark vereinfacht und somit in der Breite zugänglich gemacht werden. So wird die Entwicklung der Plattform nicht nur die Tuberkulosediagnostik und die Bestimmung von Multiresistenzen verbessern und durch beschleunigte Diagnostik vor Ort zur Eindämmung der Seuche beitragen. Ihre Anpassungsfähigkeit an andere Multiresistenznachweise wird es ebenfalls ermöglichen, die Diagnostik anderer häufig von Resistenzerscheinungen betroffener Infektionen zu optimieren.

Verbundpartner sind die LIONEX GmbH (Verbundkoordinator), das IMMS Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme gemeinnützige GmbH (IMMS GmbH), die iC-Haus GmbH, X-FAB, die DITABIS Digital Biomedical Imaging Systems AG, das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie, Institutsteil Bioanalytik & Bioprozesse IZI-BB, die microfluidic ChipShop GmbH und das Institut für Molekulare Diagnostik und Bioanalytik (IMDB) gGmbH.