Mobilität trifft Medizin: Gesundheitscheck im Auto

Studie von Charité und BMW Group untersucht, wie modernste Technik zur Prävention beitragen kann

Prävention neu denken, Gesundheitstechnologien alltagstauglich machen und Fahrzeuge zu aktiven Gesundheitsbegleitern weiterentwickeln: Mit diesem Anspruch arbeiten die Charité – Universitätsmedizin Berlin und die BMW Group in einem Forschungsprojekt im Bereich Automotive Health zusammen. Im Rahmen einer Studie wird untersucht, wie moderne, KI-basierte Fahrzeugsensorik den Gesundheitszustand der Fahrenden erkennen kann. Langfristiges Ziel ist es, Technologien zu entwickeln, die Vitalparameter während der Fahrt beiläufig erfassen und dadurch gesundheitliche Risiken wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte frühzeitig vorhersagen. Bei einer Pressekonferenz stellten die Partner die Details der Kooperation vor.

„Kooperationen wie diese sind entscheidend, um innovative Ansätze in der Gesundheitsforschung voranzubringen“, sagt Prof. Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité. „Die Ergebnisse unserer Studie werden wichtige Erkenntnisse für die Gesundheitsförderung und eine effektivere Notfallprävention liefern.“ 

Dr.
Rudolf Bencker, Senior Vice President Invention & Innovation bei der BMW Group, ergänzt: „Die Partnerschaft zwischen der Charité und der BMW Group ist ein bedeutender Schritt in Richtung einer gesünderen und sichereren Mobilität. Gemeinsam setzen wir uns dafür ein, dass Fahrzeuge nicht nur Transportmittel sind, sondern auch aktiv zur Gesundheitsförderung und zum Wohlbefinden der Menschen beitragen.“

Das Fahrzeug als Forschungsplattform

Im Rahmen der Studie wurde ein Fahrzeug mit einer Vielzahl hochentwickelter Sensoren ausgestattet, die unter anderem Vitalparameter wie Hautleitfähigkeit, Herzfrequenz oder Atemfrequenz erfassen – teilweise sogar ohne Körperkontakt. Diese ermöglichen eine standardisierte, fortlaufende und wiederholbare Erhebung medizinisch relevanter Daten unter Alltagsbedingungen. 

Die Messungen finden unter realitätsnahen Bedingungen statt: im Straßenverkehr, im Stand sowie auf einem Testgelände. Anders als bei klassischen Wearables müssen die Fahrenden dazu keine Geräte aktivieren, gemessen wird quasi automatisch. Zudem werden auch Faktoren wie Wetter, Fahrverhalten oder Stresslevel berücksichtigt. An der Studie nehmen sowohl gesunde Personen als auch Proband:innen mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko oder Vorerkrankungen teil. Eine ausführliche klinische Untersuchung zu Studienbeginn ermöglicht eine valide Zuordnung der Ergebnisse. 

 „Wir wollen herausfinden, mit welchen Technologien gesundheitliche Auffälligkeiten im Fahrzeug am zuverlässigsten erkannt werden können“, fasst Dr. Alexander Meyer, Professor für Künstliche Intelligenz in der Medizin und Chief Medical Information Officer am Deutschen Herzzentrum der Charité, das Ziel der Studie zusammen. „Dazu prüfen wir die Validität und Qualität der erfassten Vitalparameter in unterschiedlichen Fahrzuständen“, erläutert Dr. Matthias Franz, BMW Forschung, Neue Technologien, Projektleiter Automotive Health. „Das machen wir zum Beispiel, indem wir die Daten der Fahrzeugsensoren mit denen, die uns hochwertige Standardgeräte der Herzmedizin liefern, vergleichen.“

Intelligente Frühwarnsysteme im Auto der Zukunft

Die Vision hinter dem Projekt reicht weit über die reine Datenerhebung und -validierung hinaus: Langfristig sollen auf Basis der Studie Systeme entwickelt werden, die auf gesundheitliche Veränderungen schon früh reagieren und rechtzeitig warnen können, beispielsweise bei Anzeichen von Erschöpfung oder sich anbahnenden kardiovaskulären Problemen. Auch neue Anwendungen wie telemedizinische Konsultationen oder ein kontinuierliches Monitoring von chronisch Kranken sind perspektivisch denkbar. „Durch die kontinuierliche und multimodale Erfassung von Gesundheitsdaten erhalten wir eine völlig neue Grundlage für die Entwicklung individueller Präventionsprogramme“, sagt Prof. Meyer, der auch Projektleiter Automotive Health an der Charité ist. „Wir könnten Risikoprofile deutlich präziser erfassen und daraus individualisierte Maßnahmen ableiten.“ 

Die Sicherheit der Fahrenden steht auch für die BMW Group an erster Stelle, wie Dr. Franz betont. „Wir wollen den Fahrkomfort und die Sicherheit steigern, indem das Fahrzeugsetup an die aktuelle Leistungssituation der Fahrenden angepasst wird. Die BMW Group bringt dafür ihre umfassende Expertise in den Bereichen Sensorik, Fahrzeugtechnik und Datenverarbeitung in die Kooperation ein.“

Technologische Innovation trifft medizinische Forschung

„Die Fahrzeuge der Zukunft sollen mehr sein als Fortbewegungsmittel“, betont Dr. Bencker. „Sie sind intelligente Systeme, die Gesundheitsrisiken früh erkennen, präventiv handeln und im Notfall professionell unterstützen.“

Prof. Kroemer ergänzt: „Gesundheitsversorgung muss dort ansetzen, wo die Menschen leben und arbeiten – und eben auch fahren. Die Kooperation mit der BMW Group zeigt, wie technologische Innovation und klinische Forschung Hand in Hand gehen können, um neue Antworten auf die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft zu finden.“

Die ersten Ergebnisse der Studie werden für Ende des Jahres erwartet. Langfristig planen die Partnerinnen, die gewonnenen Erkenntnisse in serienmäßige Fahrzeugfunktionen und gesundheitsfördernde Programme zu überführen. Projektpartner ist unter anderem das Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data (BIFOLD), eines der sechs deutschen KI-Kompetenzzentren, an dem Prof. Meyer auch als Research Group Lead tätig ist.

Kontakt
Markus Heggen
Pressesprecher
Charité – Universitätsmedizin Berlin
T: +49 30 450 570 400


Quelle: charite.de