Spezialthema | Das Health & Biotech Start-up-Ökosystem in Berlin-Brandenburg – Gründen mit Unterstützung und Perspektive

Gründende und junge Unternehmen muss man in der Hauptstadtregion nicht lange suchen. Berlin-Brandenburg verfügt über ein vielfältiges und stetig wachsendes Ökosystem von Start-ups. Genauso vielfältig wie dieses Ökosystem sind auch die Finanzierungsoptionen; sie reichen von diversen Fördermodellen über private Investoren bis hin zu Venture-Capital-Firmen. Gerade im Biotech- und Health-Bereich in der Region hat es in den vergangenen Jahren viele erfolgreiche Finanzierungsrunden gegeben. Wir bieten einen Einblick in das Start-up-Ökosystem der Hauptstadtregion in diesen Segmenten und stellen Angebote für junge Unternehmen und angehende Gründende vor.

Start-ups und junge Unternehmen sind häufig Motor für Innovationen in ihren Branchen. Mit neuen Dienstleistungen, innovativen Produkten oder unkonventionellen Lösungen gelingt es ihnen immer wieder, wichtige Akzente zu setzen und am Markt erfolgreich zu sein. Eine der größten Hürden auf dem Weg dahin ist die Finanzierung. Diese Hürde zu meistern, ist nicht leicht, doch gerade in der Hauptstadtregion sind die Möglichkeiten dafür sehr vielfältig. 

     

     

    Die Kurve geht wieder nach oben 

    In den Jahren 2022 und 2023 waren die Investitionen in Start-ups in ganz Deutschland rückläufig, das zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft EY. 2024 habe sich dieser Trend umgekehrt und die Investitionssumme sei um 17 Prozent gestiegen – konkret erhielten demnach deutsche Jungunternehmen insgesamt mehr als sieben Milliarden Euro an Kapital von Investoren – eine Milliarde mehr als in den zwölf Monaten zuvor. Auch in diesem Jahr scheint sich laut EY der Aufwärtstrend fortzusetzen. 

    Die Stärken der Hauptstadtregion 

    Bei den Bereichen, in die investiert wurde, lag deutschlandweit Software & Analytics vorn, an zweiter Stelle findet sich der Health-Sektor. Gerade an der Schnittstelle – also im Bereich digitale Technologien in der Gesundheitswirtschaft – finden sich in der Hauptstadtregion viele interessante Start-ups. Unternehmen aus der Hauptstadt wie beispielsweise AMBOSS, Prosoma oder Nelly konnten in diesem Jahr Finanzierungsrunden in Höhe von 240 Millionen Euro (AMBOSS), 4,4 Millionen Euro (Prosoma) und 50 Millionen Euro (Nelly) abschließen. 

    Die hohe Dichte und Diversität der Forschungslandschaft im Bereich Life-Sciences in der Hauptstadtregion führt zu vielen Ausgründungen aus der Forschung und langfristigen Erfolgsgeschichten. Das bestätigt auch Dr. Nevine Shalaby, die am Max-Delbrück-Center (MDC) Gründende mit Zugang zu Fachwissen und Förderprogrammen für frühphasige Innovationsprojekte sowie bei der Suche nach Geldgebern unterstützt: „Berlin ist eine wahre Goldmine, wenn es um spannende Forschungsergebnisse, wegweisende Ideen und Translation geht. Als Leiterin des Bereichs Innovation & Entrepreneurship am MDC ist es meine Aufgabe, Gründern dabei zu helfen, ihre Ideen voranzubringen und die Validierungsphase mit öffentlichen Mitteln und Investoren aus Berlin zu überbrücken. Dabei sehe ich, dass Berlins dynamisches Life-Science-Ökosystem rasant wächst und das Interesse internationaler Investoren zunimmt.“ 

    Finanzierung, Mentoring und Netzwerke 

    Das MDC ist nur eine von vielen Adressen, an denen junge Unternehmen Unterstützung finden. Ebenfalls ein guter Anlaufpunkt ist das Cluster HealthCapital Berlin-Brandenburg. Während sich viele Förder- und Unterstützungsprogramme auf die eigenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konzentrieren, unterstützt das Cluster alle – vernetzt und informiert über Fördermöglichkeiten von ganz frühen Projekten, die noch nicht gegründet sind, bis zu den Start-ups, die bereits mit Produkten am Markt aktiv sind. Mit Blick auf eine erste Orientierung organisiert es unter anderem eine Vielzahl von Veranstaltungen, bei denen Gründende und solche, die es werden wollen, wichtige Informationen erhalten und erste Kontakte knüpfen können. Des Weiteren begleitet das Cluster zum Beispiel auch den Gründungsprozess und unterstützt durch Informationen und Antragsbegleitung von Fördermitteln für die Frühphase. Im weiteren Verlauf umfasst die Unterstützung zum Beispiel bei Bedarf auch die Suche nach einem geeigneten Standort und die Hilfe bei der Internationalisierung. 

    Darüber hinaus bietet Berlin eine breite Palette an Unterstützungsmöglichkeiten für Life-Sciences- und Biotech-Start-ups, von Zuschüssen und Förderprogrammen über Venture-Capital bis hin zu spezialisierten Acceleratoren. Die Vielzahl der Chancen erlaubt hier nur die Darstellung eines kleinen Auszugs. 

    Dieser beginnt mit dem Berliner Startup Stipendium (BSS), das durch erfahrene Inkubatoren vergeben wird. Insgesamt stehen über das von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe vergebene BSS 31 Millionen Euro zur Verfügung, aus denen eine monatliche Unterstützung für einzelne Gründerinnen und Gründer sowie Gründerteams ausgegeben werden kann. Darüber hinaus werden die Stipendiaten von den Inkubatoren während der Laufzeit intensiv begleitet – etwa mit Arbeitsplätzen, Coaching und Mentoring. 

    Umfassende und praktische Unterstützung in der Frühphase einer Gründung bietet beispielsweise auch der Vision Health Pioneers Incubator. Das in Berlin ansässiges Start-up-Programm dauert neun Monate und hilft angehenden Gründerinnen und Gründern im Gesundheitswesen unter anderem mit Trainings, Zugang zu Testfeldern (Krankenhäuser, Krankenkassen etc.) kostenlosen Coworking-Plätzen und Stipendien. 

    Den notwendigen Support für Start-ups, die an der Entwicklung von Advanced and Personalized Therapies am Berlin Institute of Health (BIH) oder der Charité arbeiten, bietet der am BIH angesiedelte BIH Clinical Incubator (CLIC). Die Unterstützung reicht hier von Infrastruktur – wie etwa Labor- und Büroflächen – über Expertise und Netzwerke bis hin zu exklusiven Möglichkeiten, potenziellen Investoren und Partnern aus der Industrie seine Ideen und Produkte zu präsentieren. 

    Ebenfalls am BIH angesiedelt ist das Mentoring-Programm SPARK. Es unterstützt die Weiterentwicklung von medizinischen Innovationen aus dem BIH und der Charité durch Ausbildung, Mentoring und Finanzierung. Das Programm wurde 2015 gegründet und basiert auf dem erfolgreichen SPARK-Programm, das an der Stanford University entwickelt wurde und ist auf Translation fokussiert. Ziel von SPARK ist es also, Forschungserfolge aus den Laboren möglichst schnell für Patientinnen und Patienten nutzbar zu machen. Forschende, die im Bereich Gen- und Zelltherapien ihre Ergebnisse und Ideen in die klinische Praxis bringen wollen, finden ähnlich geartete Unterstützung bei GeneNovate – einem nationalen Entrepreneurship-Programm, das durch das Bundesforschungsministerium unterstützt wird und für Innovatoren in immer mehr Regionen Deutschlands angeboten wird. 

    Gründerinnen und Gründer aktivieren 

    Potenzielle Gründerinnen und Gründer den nötigen Anschub geben, damit sie den Schritt hin zum Start-up wagen und damit erfolgreich sind, hat sich die Initiative UNITE zur Aufgabe gemacht. Events und Community-Formate sollen im ersten Schritt zum Gründen animieren, an diese schließt sich unter anderem eine Qualifizierung, ein schneller Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten in der Anfangsphase sowie kuratierte Kontakte zu Investoren, Mentoren und Unternehmen an. Einen ähnlichen Ansatz – speziell für den Bereich Life Sciences – verfolgt die internationale Initiative Nucleate. Hier erhalten potenzielle Gründende wichtige Schulungen und Ressourcen, um ihre Ideen in die Praxis umzusetzen.  

    Stellt sich bei Tech-Gründungen die Frage nach Pre-Seed- und Seed-Runden-Finanzierungen, hilft das in Potsdam sitzende HPI Ventures mit Investitionen. Auch hier geht die Unterstützung über den ersten finanziellen Anschub hinaus. HPI Ventures bietet den Start-ups zusätzlich Beratung, den Zugang zu Investoren und Mentoren sowie Unterstützung beim Recruiting der richtigen Mitarbeitenden für die frühe Unternehmensphase. Auf ähnliche Weise helfen auch die Business Angels Berlin-Brandenburg auf dem Weg zum Erfolg. 

    Neben Institutionen, die über den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten oder direkter Finanzierung hinaus auch ein breites Spektrum an Support bieten, gibt es auch Investoren und Finanzierungsprogramme wie Venture-Capital-Firmen, Crowdfunding-Plattformen sowie staatliche Förderprogramme und Private-Equity-Investoren, bei denen, neben dem Mentoring und der Einführung in Netzwerke, der Schwerpunkt auf der Finanzierung liegt. Ein Beispiel dafür ist der High-Tech Gründerfonds (HTGF). Er investiert in junge Start-ups (max. drei Jahre alt) aus den Bereichen Life-Sciences, Biotechnologie, Medizintechnik, Digital Health und angrenzenden Feldern. Der EIC Accelerator (European Innovation Council) wiederum unterstützt unter anderem Start-ups, die weiterwachsen oder ihre Finanzierung insgesamt substanzieller aufstellen wollen. Der Accelerator will dabei vor allem Start-ups fördern, die disruptive Innovationen und Geschäftsmodelle haben, welche auf Technologien mit hohem Risiko basieren und sich bereits in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium befinden (ab TRL 5-6). Ein weiteres Beispiel ist die Initiative Sprin-D, die Gründenden mit der nötigen Anschub-Finanzierung und Netzwerken hilft. Auch Sprin-D hat sich auf die Förderung von besonders disruptiven Produkten und Geschäftsmodellen spezialisiert und steigt besonders da ein, wo klassische Förderprogramme eher zurückhaltend sind. 

    Was bringt die Zukunft? 

    Der Blick in Zukunft zeigt, dass Start-ups in ganz Europa mehr institutionelle Unterstützung erfahren und bei ihrem Weg in den Markt auf weniger Hürden stoßen sollen. Mit diesen Zielen wurde im Mai dieses Jahr durch die Europäische Kommission die „EU Startup and Scaleup Strategy“ vorgestellt. Sie soll die politischen Rahmenbedingungen verbessern, um den Weg von der Gründung auf den Markt zu erleichtern. Die Strategie sieht ein ganzes Bündel an unterschiedlichen Maßnahmen vor, die langfristig Start-ups unterstützen sollen – dazu zählen etwa einheitliche EU-weite Regeln für Unternehmen, Reduzierung von Bürokratie und regulatorischen Hürden in strategischen Sektoren, eine Erweiterung des EIC, die Einrichtung eines Scale-up Europe Fund zur Finanzierung von wachstumsstarken Unternehmen sowie ein einfacherer Zugang zu EU-Förderprogrammen.  

    Ein Fonds aus der Hauptstadtregion, der bereits auf diese Strategie einzahlt, ist der jetzt im Oktober aufgelegte Pre-Seed Fonds von IBB Ventures, der sich auf die Finanzierung von wissenschaftlichen DeepTech-Ausgründungen mit disruptivem Potenzial unter anderem in der Biotechnologie konzentriert. Auf diesem Wege soll das wirtschaftliche Innovationspotenzial aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen besser erschlossen und der Zugang zur wichtigen Pre-Seed-Finanzierung in der Anfangsphase eines Start-ups erleichtert werden. Dabei kann IBB Ventures auf 28 Jahre Erfahrung setzen. Seit 1997 investiert der regionale Venture-Capital-Fonds in Berliner Start-ups. „Viele DeepTech-Gründungen in Berlin sind auf Grund der längeren Entwicklungszyklen bis zum Markt nicht reif genug für eine Seed-Finanzierung mit VC Kapital. Mit den Wandeldarlehen des PreSeed-Fonds erhalten diese Gründer ein unkompliziertes Finanzangebot, dass es ihnen in Verbindung mit unseren Service-Portfolio und Netzwerk erlaubt, diese Finanzlücke zu überbrücken.“, sagt Ute Mercker, Investment Director bei IBB Ventures, über den neuen Fonds und die Möglichkeiten, die daraus für Neugründungen unter anderem aus dem Health-Bereich erwachsen. 

    Veranstaltungen für potenzielle Gründerinnen und Gründern gibt es in der Hauptstadtregion viele – wie beispielsweise die bio:cap. Auf diesem Investival kommen Investoren, Start-ups und die Spitze der Life Sciences aus aller Welt mit der Pharmaindustrie, führenden Akteuren im Bereich KI sowie der Politik zusammen. Wer sich weitergehend über die zahlreichen Möglichkeiten zur Förderung und Finanzierung sowie zu Start-ups informieren und schon erste Ansprechpartner treffen möchte, findet auf folgenden Veranstaltungen in der nächsten Zeit bestimmt das Richtige: https://www.healthcapital.de/veranstaltungen/top-veranstaltungen/  



    Weiterführende Links: