Interview mit Prof. Georg N. Duda und Bianca Lemke, Charité und Kooperationspartner Dr. Lutz Kloke, Cellbricks

Forschende des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) haben gemeinsam mit Kolleg:innen der Firma Cellbricks einen 3D-Drucker entwickelt, der einen biologischen Wundverschluss herstellen kann. Die Entwicklung soll hoch hinaus und Astronaut:innen bei langen Weltraumaufenthalten helfen, Wunden vor Ort zu versorgen. Wir haben mit den beteiligten Wissenschaftler:innen Prof. Georg N. Duda und der Doktorandin Bianca Lemke vom BIH sowie Dr. Lutz Kloke von Cellbricks über die Forschung gesprochen.

 

 

 

 

 

1. Wie ist es zu den Parabelflügen gekommen und welche Schritte in den Weltraum sind als nächstes geplant?

Prof. Duda: Beim DLR ist das Interesse an lebenswissenschaftlicher Forschung sehr groß. Es geht ja um große Pläne: Den Aufenthalt auf einer Raumstation und Flüge zum Mars. All dies benötigt auch die Möglichkeit, kurzfristig medizinische Hilfe leisten zu können. Individualisierte und sogenannte „Advanced Therapies“ ist das Thema unseres Forschungszentrums im BIH. Wir entwickeln neuartige Therapien, die die Körpereigenen Heilungsprozesse unterstützen und versuchen dabei Narben und Funktionsverlust zu vermeiden. Neben Knochenbüchen und Muskelverletzungen ist die Wundheilung der Haut ein weiteres Feld, in dem wir unsere Prinzipien der personalisierten Therapien zum Einsatz bringen möchten. Parabelflüge sind eine Methode, um Technik unter Schwerelosigkeit testen zu können. Wenn der 3D BioDruck da funktioniert, kann er an so ziemlich jedem Ort auch funktionieren. Die Effektivität der Therapie selbst testen wir natürlich unter den vorgegebenen regulatorischen Rahmenbedingungen.

 

2. Sie, Frau Lemke, waren ja für die Experimente an Bord; wie haben Sie die Arbeit und die  Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen erlebt?

 

Bianca Lemke: „Die Parabelflugkampagne habe ich als sehr aufregend erlebt. Die Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner Cellbricks verlief sehr professionell, wir waren ein tolles Team. Nach einigen stressigen Tagen der Vorbereitung für die Abnahme unseres Experiments konnten wir schließlich zu drei Parabelflügen starten. Hier zahlte sich unsere gute Vorbereitung aus: der 3D-Druck verlief erstaunlich gut und die ersten Ergebnisse sehen sehr vielversprechend aus. "

 

3. Grundsätzlich bleibt das Thema Wundverschluss auch auf der Erde sehr anspruchsvoll. Wo stehen wir da heute?  

 

Bianca Lemke: „Insbesondere bei großflächigen Brandwunden besteht durch die Infektionsgefahr und die langsame Heilung die Notwendigkeit, die Wunde zu verschließen. Die erfolgreichste Behandlungsmethode ist hier noch immer die Eigenhauttransplantation. Es gibt zwar im Labor hergestellte Hauttransplantate; diese haben allerdings oft eine schlechtere Heilungsaussicht oder wachsen nicht immer an. Daher besteht weiterhin ein großer Bedarf für die Entwicklung neuer Lösungen für solche kritischen Wunden bei Patienten.“

 

4. Welche anderen Anwendungen der additiven Fertigung können wir für Medizin und Gesundheitswirtschaft erwarten?

Dr. Kloke: „Die additive Fertigung wächst aktuell immer weiter in die Bereiche Medizin, Biotechnologie und Regenerative Methoden. Diese Vernetzung findet schrittweise statt und mit steigender Komplexität in den Anwendungen. In der Regenerativen Medizin werden höchstwahrscheinlich nicht sofort lebenserhaltende Ersatzorgane gedruckt werden, sondern einfachere Gewebe wie Weichteilgewebe, Knorpel, Haut, etc. Hier findet eine Lernkurve statt, in der die Technologie weiterentwickelt wird, so dass in den nächsten Schritten auch lebensunterstützende oder -erhaltende Drucke erzeugt werden können.“

5. Wie wichtig ist das Umfeld in Berlin, damit solche Themen wie die Wundversorgung im Weltraum bearbeitet werden können?

Prof. Duda: Berlin hat mit seinem Schwerpunkt in den Lebenswissenschaften eine große Kompetenz im Verstehen des „Medical Needs“, also dem Entschlüsseln des Problems. Die Stadt hat auch eine sehr innovative Start-up Szene in der innovative Technologie entwickelt wird, inklusive verschiedener Ansätze in der Biotechnologie. Diese beiden Kompetenzen Technologieentwicklung und medizinische Forschung treffen oft viel zu spät aufeinander. Das versuchen wir mit unserem neuen Campus für Advanced Therapies im BIH am Virchow Campus nun zu beheben und bringen Technologieentwicklung früher mit dem Medical Need zusammen. Das ist ein besonderes Potential von Berlin, das es gilt zu heben.

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