Im Portrait | BIH – Wo aus Forschung Gesundheit wird

Am Berlin Institut of Health in der Charité wird biomedizinische Forschung in medizinische Anwendungen und Prävention übertragen. Umgekehrt werden aus klinischen Beobachtungen neue Forschungsideen entwickelt. Im März feierte die bundesweit beachtete Einrichtung ihr 10-jähriges Jubiläum.

 

Bis aus Forschungsergebnissen und Ideen letztendlich auch neue Technologien, Therapien und Diagnoseinstrumente für die Patient*innen werden, dauert es oft lange. Andersherum ist es nicht immer leicht, die medizinischen Bedürfnisse und Fragestellungen aus der Praxis in die Forschung zu übertragen. Genau hier setzt das Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) an und bringt seit mittlerweile zehn Jahren mithilfe eines einzigartigen translationalen Ökosystems die Grundlagenforschung schneller in die Praxis.

„In einem einmaligen Organisationsmodell verbindet das BIH die wissenschaftliche Exzellenz eines wesentlich vom Bund finanzierten Forschungszentrums mit der Spitzenmedizin der landesfinanzierten Universitätsmedizin“, sagt Christopher Baum, seit 2020 Vorsitzender des BIH-Direktoriums und Vorstand des Translationsforschungsbereichs der Charité. „Das BIH hilft dabei, die rasanten Fortschritte in der Molekular- und Zellbiologie und der datengetriebenen Medizin möglichst rasch und nachhaltig in die Klinik zu übertragen, um Patient*innen mit schwerwiegenden Krankheiten personalisierte Beratungen und Behandlungen anbieten zu können.“

Mit vereinten Kräften für mehr Translation

Zu den Gründungsinstitutionen im März 2013 zählten neben der Charité – Universitätsmedizin Berlin und dem Max Delbrück Center für molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft Berlin sowie die Helmholtz Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Das BIH war vorerst eine eigenständige außeruniversitäre Einrichtung des Bundes sowie des Landes Berlin und förderte zunächst gemeinsame Forschungsvorhaben von MDC und Charité. Bei diesen Förderungen waren immer Wissenschaftler*innen bzw. Kliniker*innen beider Partner beteiligt. Bis 2020 waren die Charité und das MDC auch eigenständige Gliedkörperschaften im BIH. Seit 2021 ist das Institut neben der Krankenversorgung sowie Forschung und Lehre nun als dritte Säule in die Charité integriert. Das MDC ist seitdem privilegierter Partner.

Mit der Integration in die Charité ist im Auftrag des Bundes auch ein deutschlandweites Engagement des BIH für mehr Translation verbunden. Es sollen vielversprechende Projekte zur Translation gefördert werden. Beispielsweise im Bereich der seltenen und komplexen Erkrankungen will das BIH so die Möglichkeiten der medizinischen Behandlung erweitern.

Übergreifende Mechanismen im Fokus

Gestartet mit einem Dutzend Mitarbeiter*innen sind mittlerweile fast 800 Menschen an verschiedenen Standorten am BIH tätig. Schon bei der Gründung wurde Wert daraufgelegt, sich nicht auf einzelne Krankheiten zu konzentrieren, sondern den Fokus auf übergreifende Mechanismen zu legen. Dafür wurde im Laufe der Jahre ein translationales Ökosystem aufgebaut, das aus drei Komponenten besteht: Forschungsgruppen, Bereichen, die die Translation unterstützen oder wissenschaftlich erforschen, sowie Abteilungen, die translationale Kompetenzen und translationale Projekte entwickeln. In allen Komponenten arbeiten Ärzt*innen und Forscher*innen mit Entrepreneurs und anderen Akteur*innen der privaten Wirtschaft, regulierenden Einrichtungen und Patient*innen eng zusammen.

„Dank der einzigartigen wissenschaftlichen Infrastruktur des BIH finden Forschende im BIH exzellente Bedingungen für ihre translationale Arbeit“, sagt Christopher Baum. „So wurden beispielsweise im gemeinsamen Clinical Study Center von BIH und Charité sämtliche klinischen Studien zu COVID-19 koordiniert. Die so genannten Core Units unterstützen mit wissenschaftlichen Services, etwa bei der Analyse von großen Gensequenzen, Protein- oder Datenmengen, in der IT- oder Bioinformatik, beim Speichern und Bereitstellen von Zell- und Gewebeproben oder bei der Forschung an Stammzellen und Organoiden.“ Der Digital Health Accelerator wiederum begleitet Wissenschaftler*innen bei der Ausgründung ihrer digitalen Gesundheits-Ideen, SPARK-BIH unterstützt die Weiterentwicklung von fortgeschrittenen Ansätzen für medikamentöse Therapien.

Nachwuchs und Zukunft

Um die Nachwuchsförderung kümmert sich im BIH die Biomedical Innovation Academy. „Hier erhalten Ärzt*innen der Charité auf verschiedenen Karrierestufen die Möglichkeit und die Weiterbildung zum wissenschaftlichen Arbeiten unter gleichzeitigem Ausbau ihrer ärztlichen Qualifikation“, sagt Baum. Diese „Clinician Sicientists“ können die Translation besonders gut voranbringen, da sie beide Seiten kennen: Sowohl die Patientenversorgung als auch die Forschung im Labor. Mittlerweile haben mehr als 300 Absolvent*innen die Academy abgeschlossen.

Ein weiterer Erfolg des BIH gemeinsam mit der Charité: Die Ausgründung von mittlerweile mehr als 30 Start-ups. Diese stellen unter anderem Lösungen für KI-gestützte Diagnostik her, ermöglichen Gentherapien für Epilepsie und Muskelerkrankungen oder entwickelten ein digitales Portemonnaie für die Krankenversorgung in Afrika.

Finanziert wird das BIH zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin. Für den Vorstandsvorsitzenden Christopher Baum bietet der Standort Berlin das ideale Umfeld für das BIH: „Mit der Charité als Europas größter Klinik, der Berlin University Alliance der drei Berliner Universitäten, mehr als 50 außeruniversitären Einrichtungen der BR50, vielen medizinischen privatwirtschaftlichen Einrichtungen vom kleinen Start-up bis zum internationalen Pharmakonzern und schließlich der Nähe der Politik, von Forschung bis Gesundheit, befindet sich das BIH in einem Ökosystem, das in idealer Weise die medizinische Translation ermöglicht.“

 Für die Zukunft sieht er das Institut gut aufgestellt: „Durch den politischen Auftrag, die deutschen Akteure der Zell- und Gentherapie in einer nationalen Strategie zusammenzuführen, sowie mit der Dialogplattform Stammzellforschung stärken wir unsere deutschlandweite Vernetzung. Mit guten Beispielen aus Berlin stimulierend auf das nationale und internationale Umfeld einzuwirken, konsequent zum Wohle der Patient*innen, darin finden wir uns wieder.“

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