Im Portrait | Ariceum – Gezielt Krebszellen finden und eliminieren

Das Berliner Unternehmen Ariceum Therapeutics setzt im Kampf gegen schwer behandelbare Krebsarten auf Radiopharmazeutika. Geplant ist, dass dementsprechende Produkte 2028 in die Zulassung gebracht werden oder zugelassen werden. Dafür befindet sich Ariceum auf einem guten Weg, denn es konnten finanzstarke Partner und Investoren gefunden werden, die es ermöglichen, die bereits vorangeschrittene Entwicklung weiter voranzutreiben.

 

Bei der Bekämpfung von Krebszellen ist die Strahlentherapie bis heute eines der Mittel der Wahl. „Das Problem bei diesem Ansatz von außen ist, dass damit nur wenige größere solide Tumore erwischt werden, die man ertasten oder optisch lokalisieren kann“, sagt Manfred Rüdiger, Geschäftsführer bei Ariceum. „Die ganz kleinen Metastasen oder Zellklumpen erwischt man so nicht.“

Direkt zu den Tumorzellen gehen

Statt von außen zu bestrahlen, will Ariceum mit seinen Produkten die Radiotherapie und die Strahlen direkt zu den Krebszellen bringen. „Vereinfacht gesagt funktioniert das folgendermaßen“, sagt Rüdiger. „Wir entwickeln ein Molekül, an das wir radioaktive Strahler hängen und das wir intravenös verabreichen. Dieses Molekül findet aufgrund der Oberflächenstruktur die Tumorzellen im Körper, setzt sich auf diese drauf und tötet sie ab. Dabei konzentrieren wir uns zunächst auf kleinzelligen Lungenkrebs und neuroendokrine Tumore.“

Gegenüber der herkömmlichen Strahlentherapie hat die Technologie laut Rüdiger zwei große Vorteile: Zum einen wird fast ausschließlich der Tumor abgetötet und kaum umliegenden gesunden Zellen. Und zum anderen werden so auch winzig kleine Tumorzellen erreicht, die sonst nicht sicht- und auffindbar sind. Die Radiopharmazeutika haben also eine doppelte Aufgabe – sie sind Diagnostikum oder Therapeutikum, je nach verwendetem Strahler bzw. Isotop.

Völlig neu ist der Ansatz mit den Radiopharmazeutika nicht. Novartis hat mittlerweile zwei zugelassene Therapeutika, die bereits erfolgreich gegen langsam wachsende Tumore eingesetzt werden. Auch Ariceum – der Name ist ein Anagramm der zweifachen Nobelpreisträgerin Marie Curie – hat bei der Gründung im Jahr 2021 nicht bei Null angefangen. „Wir haben das Produkt im Entwicklungsstadium mit allen Rechten damals bei Ipsen Pharma rausgekauft und uns mit der Mission gegründet, das Molekül weiterzuentwickeln.“

Zahlreiche Investoren und Partner

Seit der Unternehmensgründung und seiner Bestellung zum Geschäftsführer ist der promovierte Biochemiker Rüdiger schwer beschäftigt: Er schließt Partnerschaften, sammelt Investorengelder, hält Vorträge und holt neue Experten ins Boot. Das alles offensichtlich erfolgreich, denn die Liste der Kooperationen ist lang: Ariceum ist im Oktober 2022 eine Produktions- und Lieferpartnerschaft mit AmbioPharm eingegangen, im Mai dieses Jahres wurde eine Forschungskooperation mit dem biopharmazeutischen Unternehmen UCB bekanntgegeben, im Juni wurde das private Biotech-Unternehmen Theragnostics übernommen und zur Unterstützung bei klinischen Studien arbeitet Ariceum seit Ende Juni mit dem Dienstleister Eurofins CDMO zusammen. Hinzu kommen zwei kommerzielle Partnerschaften mit Novartis und GE Health.

Als Investoren sind neben dem Anteilseigener Ipsen Pharma unter anderem EQT Life Sciences (ehemals LSP), HealthCap, Pureos Bioventures, Andera Partners und Earlybird Venture Capital mit an Bord. Im April wurde bekannt, dass nach einer ersten Finanzierungsrunde (Series A) mit 25 Millionen Euro eine zweite Runde mit 22,75 Millionen Euro erfolgreich abgeschlossen wurde. Das Geld benötigt Ariceum für die weitere Forschung und Entwicklung und vor allem, um die Zulassung des Medikaments zu finanzieren. Zwar hat Ariceum aus der kommerziellen Partnerschaft mit GE Health bereits Einnahmen. Diese reichen aber nicht aus, um große Entwicklungsprogramme zu finanzieren. „Wir haben mittlerweile beim kleinzelligen Lungenkrebs einen ersten Patienten in die Studie eingeschlossen“, erklärt Rüdiger den aktuellen Stand. „Wir rechnen damit, dass wir unser Produkt 2028 zur Zulassung bringen können.“

Künftiger Schwerpunkt: Weiterentwicklung des Produkts

Ob Ariceum dann doch wieder an einen großen Pharmakonzern verkauft wird, oder eventuell an die Börse geht, lässt Rüdiger offen: „Wir wollen uns nun erstmal darauf konzentrieren Daten zu generieren und das Produkt weiterzuentwickeln“, sagt er. „Natürlich haben die großen Unternehmen mehr Geld im Hintergrund und können beispielsweise schneller Lieferketten aufbauen. Aber in den kleinen Firmen können viel schneller die nötigen Entscheidungen getroffen werden und somit finden hier die Innovationen statt.“

Derzeit beschäftigt Ariceum 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Ein Teil davon arbeitet von der Schweiz aus, da wir dort einige Kollegen von anderen Pharmaunternehmen übernommen haben“, sagt Rüdiger. „Der Rest forscht und arbeitet am Hauptsitz in Berlin- Buch – ein guter Standort, da es hier viel gute Forschung und nicht zuletzt viele gute Fördermöglichkeiten gibt wie etwa die Unterstützung von Berlin Partner.“

 

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