BMBF zeichnet MHB-Projekt AngioAccel mit Innovationspreis aus

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat im Rahmen der VIP+ Innovationstagung in Berlin das MHB-Projekt AngioAccel mit dem Innovationspreis 2022 ausgezeichnet.

 

„Wir freuen uns riesig über diese Auszeichnung! Unser VIP+ gefördertes AngioAccel-Projekt beschäftigt sich mit der Entwicklung und Validierung eines Medizinproduktes, das zur Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit eingesetzt werden kann. Dabei gehen die Arterien, die den Fuß oder das Bein mit Blut und Sauerstoff versorgen, nach und nach zu. Durch den geringeren Blutfluss kommt es zu einer geringeren Sauerstoffversorgung, was wiederum zur Folge haben kann, dass betroffene Personen teilweise weniger als 50 Meter an einem Stück gehen können. Durch die notwendig werdenden Unterbrechungen wird diese Krankheit vom Volksmund auch als Schaufensterkrankheit bezeichnet. In weiter fortgeschrittenen Stadien dieser Erkrankung kommt es auch zu Wundbildung, nicht selten kann es dann auch zu Fuß- oder sogar Beinamputationen kommen. In der VIP+ Validierungsphase ist es uns gelungen, gegen diese Erkrankungen einen Demonstrator, also eine Art Prototypen, und das erste an der MHB erdachte Medizinprodukt zu entwickeln“, erklärt Dr. Philipp Hillmeister, Leiter des Forschungszentrums Angiologie am Städtischen Klinikum Brandenburg, einem MHB Universitätsklinikum im Verbund. Das Projekt wurde von Prof. Ivo Buschmann, Prof. für Angiologie an der MHB sowie Klinikdirektor und Chefarzt für Angiologie, ins Leben gerufen und dann gemeinsam mit Dr. Philipp Hillmeister umgesetzt und weiterentwickelt.

„Der Auszeichnung und Preisverleihung ging eine intensive Phase der Prüfung und Vorbereitung voraus. So mussten wir nicht nur den Nachweis der Machbarkeit, sondern mit Pilotanwendungen und Testreihen auch die prinzipielle Tauglichkeit und Akzeptanz unserer Anwendung nachweisen. Wir haben in den vergangenen Jahren rund 1000 Patient*innen angiologisch in unserer Forschungsambulanz, dem „Lauflabor“ untersucht. Dabei konnten wir zeigen, dass sich mit dem von uns entwickelten Antepulsations-Verfahren die körpereigene Regeneration der Arterien und Durchblutungsstörungen in den Beinen auch nicht-invasiv sehr gut behandeln lassen. Dabei werden Manschetten um Hüfte und Oberschenkel gewickelt, so dass durch regelmäßige Druckluftstöße eine Art Training simuliert wird. Die durch Druckluftstöße vermittelte Kompression der Beine führt zu einer Beschleunigung des Blutflusses und simuliert effektiv so körperliches Training. Die Arterien des Körpers denken dann, der Mensch läuft gerade einen Marathon, obwohl er in Wirklichkeit im Bett liegt! Unser Verfahren bietet insbesondere auch für bereits in ihrer Mobilität eingeschränkte Patient*innen einen deutlichen Vorteil gegenüber anderen Behandlungsmethoden. Unser Projekt AngioAccel hat es dann auf eine Shortlist mit 10 ausgewählten Projekten geschafft, was für uns schon eine tolle Anerkennung bedeutet hat. Das wir jetzt mit der Medizinischen Hochschule Brandenburg neben der TU München, dem Fraunhofer-Anwendungszentrum für Verarbeitungsmaschinen und Verpackungstechnik (AVV) und der TU Dresden sogar zu den drei gleichrangigen Trägern des Innovationspreises 2022 gehören, macht uns glücklich und auch ein wenig stolz“, ergänzt Prof. Ivo Buschmann.

„Das Therapiekonzept von AngioAccel erhöht mit Hilfe einer sogenannten ‚Herzhose‘ und EKG-gesteuerter Manschetten den Blutfluss von Patient*innen mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) – einer Durchblutungsstörung in den Beinen. Das führt dazu, dass diese deutlich mobiler werden. Ziel des Vorhabens AngioAccel war im Programm VIP+, das Therapiekonzept an Patient*innen mit dem Krankheitsbild zu validieren. Die im Programm durchgeführten Arbeiten waren äußerst erfolgreich. Die Lebensqualität und Mobilität von den Patient*innen ist stark gestiegen: Sie konnten ihre zurückgelegten Gehstrecken um bis zu 500 Prozent verlängern“, heißt es in der Begründung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

„Forschung ist die Basis für die Wertschöpfung von morgen und zugleich Garant für eine hochwertige Gesundheitsversorgung. Das hat sich auch in der Corona-Pandemie gezeigt. Damit aus unserer exzellenten Forschung und vielen hervorragenden Ideen echte Innovationen werden, ist entscheidend, dass die Forschungsergebnisse in der Praxis ankommen. Der Forschungstransfer ist für uns immer zentral. Deshalb fördert das Bundesforschungsministerium mit dem Programm VIP+ den Transfer von Forschungsergebnissen in die wirtschaftliche Verwertung und gesellschaftliche Anwendung. Die ausgezeichneten Projekte eint, dass ihre Ergebnisse schnell und für viele Bürgerinnen und Bürger oder Unternehmen nutzbar werden. Die drei Preisträger-Projekte sind mit ihren Innovationen nicht nur echte Vorreiter auf ihren jeweiligen Gebieten, sondern haben das Potenzial für eine bessere Gesundheitsversorgung oder nachhaltigere Produkte“, erklärt Dr. h. c. Thomas Sattelberger, der zuständige Parlamentarische Staatssekretär im BMBF.

Der Preis wird in einem Turnus von zwei Jahren an wissenschaftliche Projekte verliehen, die Forschungsergebnisse vorbildlich in innovative Anwendungen umgesetzt haben. Auf den Preis können sich dabei Projekte aus allen Fachrichtungen und Wissenschaftsdisziplinen bewerben.

Zum Hintergrund

Das BMBF hatte das Förderprogramm „Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung (VIP+)“ im Jahr 2015 gestartet. Das Programm unterstützt Wissenschaftler*innen dabei, exzellente technologische und nicht-technologische Ergebnisse ihrer Forschung hinsichtlich einer späteren Anwendung oder Verwertung zu überprüfen. Die Projekte testen ihre Ergebnisse dahingehend, ob sie tatsächlich praxistauglich und umsetzbar sind, beispielsweise in Anwendungsbereichen mit hohem wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Nutzen. Damit trägt VIP+ auch dazu bei, die Transferkultur in allen beteiligten Einrichtungen zu stärken. Seit dem Start von VIP+ wurden 175 Projekte mit einem Fördervolumen von fast 200 Millionen Euro bewilligt. Im Zeitraum von fünf Jahren nach Ablauf ihrer jeweiligen Förderungen durch VIP+ sind aus fast einem Drittel der ehemaligen Projekte Unternehmensgründungen erfolgt oder Unternehmen befinden sich in der Gründungsphase. In mehr als einem Fünftel der abgeschlossenen Projekte werden auf Basis der Arbeiten im Programm VIP+ neue Patente eingereicht.