Peter N. Robinson schafft die Brücke zwischen Data Science und angewandter Präzisionsmedizin

PRESSEMITTEILUNG des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH)
Peter N. Robinson schafft die Brücke zwischen Data Science und angewandter Präzisionsmedizin

Im Januar 2024 folgt Prof. Dr. Peter N. Robinson dem Ruf des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) auf die Alexander von Humboldt-Professur für Künstliche Intelligenz. Der Bioinformatiker gilt als Pionier der computergestützten Genom- und Phänotyp-Analysen von genetischen Krankheiten. Sein Hauptwerk ist die Entwicklung der Human Phenotype Ontology (HPO), die heute als internationales Standardinstrument für die Diagnose von genetisch bedingten Erkrankungen gilt. Am BIH plant Peter N. Robinson, Algorithmen für die KI-basierte Präzisionsmedizin zu entwickeln und dafür die HPO als Ressource zu erweitern. Die Professur wird von der Alexander von Humboldt-Stiftung ermöglicht und ist mit einer Fördersumme von 5 Millionen Euro verbunden.

 

Krankheiten wie Grippe oder Windpocken sind verhältnismäßig einfach zu diagnostizieren. Man weiß, dass Symptome wie Fieber, Gliederschmerzen, Husten oder ein charakteristischer Hautausschlag dabei auf einen bestimmten Krankheitserreger zurückzuführen sind. Sehr viel schwieriger gestaltet sich die frühzeitige Diagnose von genetisch bedingten Krankheiten. Denn die Mutation eines Gens kann zu unterschiedlich stark ausgeprägten Symptomen führen. Zudem fallen die klinischen Erscheinungsbilder oft unterschiedlich aus. Früher wurden manche gar nicht mit genetischen Abweichungen in Verbindung gebracht und Erbkrankheiten daher nicht erkannt. Für Betroffene bedeutet das bis heute oft eine Odyssee durch die Praxen vieler Fachärzt*innen, bis sie überhaupt eine treffende Diagnose für ihre Erkrankung erhalten.

HPO: ein computergestütztes Nachschlagewerk für seltene Erbkrankheiten

Der Mediziner und Genom-Experte Peter N. Robinson hat 2008 mit der Human Phenotype Ontology (HPO) eine Ontologie genetisch bedingter Krankheiten entwickelt. Die Datenbank ermöglicht es, die klinischen Erscheinungsbilder von Krankheiten entsprechenden Genmutationen und Syndromen zuzuordnen. Das computergestützte Nachschlagewerk wird fortlaufend aktualisiert und führt mittlerweile rund 13.000 Krankheitsmerkmale und etwa 156.000 Anmerkungen zu Erbkrankheiten. Verschiedene Anwendungen erlauben es, die Daten zu durchsuchen und gemäß den Angaben der Nutzenden zu gewichten – und erleichtern so die Diagnostik.

Mit der Datenbank hat Robinson die Grundlage gelegt, auch seltenen Erbkrankheiten mithilfe von Künstlicher Intelligenz auf die Spur zu kommen. Er gehört zu den Pionier*innen und langjährigen Spitzenforschenden der computergestützten Phänotyp-Analyse. Robinson hat selbst mehrere Erbkrankheiten entdeckt, die mit einzelnen Genen assoziiert sind. Er hat zudem Algorithmen geschrieben, die es ermöglichen, Genom- und Exom-Sequenzen zu untersuchen und Zusammenhänge zu klinischen Erscheinungsbildern und Gen-Mutationen herzustellen. Der nächste Schritt ist, die Lücke zwischen Data Science und der angewandten Medizin zu schließen.

Mit Big Data zu personalisierter Präzisionsmedizin

Genau darum will sich Peter N. Robinson am BIH in Berlin kümmern. „Wir wollen klinische und genomische Daten aus großen Kohorten verbinden und Patienten auf dieser Datengrundlage in Untergruppen einteilen, die aufgrund ähnlicher molekularer Entstehungswege einen ähnlichen Krankheitsverlauf zeigen und daher auf dieselbe Therapie ansprechen könnten“, sagt Robinson. „In der Klinik könnte so kategorisierten Patienten die für sie wirksamste Therapie angeboten werden, was ein wichtiger Schritt Richtung personalisierter Präzisionsmedizin wäre.“ Zudem will Robinson seine Expertise bei der informatischen Modellierung und Analyse klinischer und phänotypischer Daten für den Auf- und Ausbau von Software für Entscheidungshilfen nutzen, die die Ärzt*innen bei der Diagnostik und Behandlung von Patient*innen heranziehen können.

„Mit Peter N. Robinson konnte das Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) einen exzellenten Protagonisten der bioinformatischen Translationsforschung gewinnen“, sagt Professor Christopher Baum, wissenschaftlicher Direktor des BIH und Vorstand für den Translationsforschungsbereich der Charité – Universitätsmedizin. „Er wird den Forschungsbereich der Digitalen Medizin am BIH und in Berlin wesentlich prägen und mit seiner beeindruckenden wissenschaftlichen und medizinischen Karriere Vorbild für den Nachwuchs in der klinischen Forschung sein. Sein Ansatz ist durch und durch translational und wird in umsetzungsstarken internationalen Netzwerken realisiert: Über die Bioinformatik und Datenwissenschaft entwickelt Peter Robinson Ressourcen für die Therapieentscheidungen der Ärztinnen und Ärzte in der Klinik und verhilft den Patientinnen und Patienten zu maßgeschneiderten Behandlungen. Damit passt er hervorragend zum BIH und unserem Motto: Aus Forschung wird Gesundheit.“

Von der Charité in die USA und zurück

Peter N. Robinson studierte Mathematik und Informatik an der Columbia University, NYC, USA, und Medizin an der University of Pennsylvania, Philadelphia, USA. Im Jahr 2000 schloss er an der Charité – Universitätsmedizin Berlin die Facharztausbildung in der Kinderheilkunde ab. An der Charité hatte er eine Professur am Institut für Medizinische Genomik inne, während er zeitgleich Fellow am Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik in Berlin und kooptierter Professor am Institut für Bioinformatik der Freien Universität Berlin war. 2016 wechselte er an das Jackson Laboratory for Genomic Medicine in Farmington, Connecticut, USA, wo er Professor für Computational Biology ist.

Humboldt-Professuren für exzellenten Forscher

Die Alexander von Humboldt-Professur ist der höchstdotierte deutsche Wissenschaftspreis und wird ausschließlich an Spitzenforscher*innen verliehen, die in ihrem Fachgebiet weltweit führend sowie im Ausland tätig sind. Die Humboldt-Professur wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert. Sie ermöglicht die Durchführung langfristiger zukunftsweisender Forschungen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen hierzulande und trägt zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Forschungsstandortes Deutschland nachhaltig bei. Seit 2008 werden dafür jedes Jahr bis zu zehn Humboldt-Professuren im Rahmen des Internationalen Forschungsfonds für Deutschland vergeben. 2020 wurden zusätzlich die Alexander von Humboldt-Professuren für Künstliche Intelligenz (KI) ins Leben gerufen.