Gewinnertypen – von der Forscherin bis zum Startup

Dass sowohl etablierte Forscherinnen als auch junge Startups in Berlin-Brandenburg immer wieder Auszeichnungen im Gesundheitsbereich gewinnen, zeigt, wie vital die Szene in der Region ist. So erhielt Emmanuelle Charpentier den Berliner Wissenschaftspreis. Durchgesetzt haben sich ebenfalls Gründer Wolfgang Kleiner und Vinh-Nghi Tiet von der Aspuraclip GmbH – sie gewannen in der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ zwei Investoren für ihr Startup. Und schließlich freuen sich zwei Unternehmen der digitalen Medizin: Ada Health erhielt den Zukunftspreis des Clubs der Gesundheitswirtschaft sowie den Health-i Award der Techniker Krankenkasse (TK), Töchter & Söhne gewannen den vdek-Zukunftspreis.

Zum elften Mal wurde Anfang November der Berliner Wissenschaftspreis verliehen – er ging an eine Forscherin, die schon eine Fülle von Auszeichnungen bekommen hat, sich aber nach eigenem Bekunden über jede weitere freut: Emmanuelle Charpentier. Sie leitet das Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie auf dem Charité-Campus Mitte und erhielt den Preis für ihre innovative Forschung in der Genregulation. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, war bei der Verleihung voll des Lobes: „Die international hoch angesehenen und wegweisenden Arbeiten von Prof. Emmanuelle Charpentier bereiten die Grundlage für zahlreiche weitere Innovationen.“

Grundlagen von Emmanuelle Charpentier

Die französische Mikrobiologin, die vor Berlin in Braunschweig und Hannover arbeitete, ist eine Expertin auf dem Gebiet der Regulationsmechanismen, die Infektionsprozessen und Immunität von pathogenen Bakterien zugrunde liegen. In der Pressemitteilung der Senatskanzlei Wissenschaft und Forschung zur Preisvergabe heißt es weiter: Mit ihren 2012 veröffentlichten Erkenntnissen auf dem Gebiet der Ribonukleinsäure-vermittelten Regulation durch das CRISPR/Cas-System habe Emmanuelle Charpentier die Grundlage für die Entwicklung einer Technik geschaffen, mit der gezielt Genveränderungen vorgenommen werden können. Die Methode sei von der wissenschaftlichen Zeitschrift Science zum Durchbruch des Jahres 2015 erklärt worden.

In einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel gibt Charpentier zu, mit der Hauptstadt zunächst gefremdelt zu haben. Inzwischen jedoch sei sie angekommen, genieße den Unternehmensgeist und die Aufbruchsstimmung und sehe Berlin auch in der Spitzenforschung auf einem guten Weg. Die große Leidenschaft der Wissenschaftlerin ist die Grundlagenforschung in der Mikrobiologie. Dem Tagesspiegel sagte sie: Alle Werkzeuge, die Genetiker und Molekularbiologen heutzutage nutzten, basierten auf Erkenntnissen der Grundlagenforschung an Bakterien und Viren. Deshalb sei es so wichtig, diese Forschung fortzusetzen. Berlin habe das erkannt. So mag die Auszeichnung mit dem Berliner Wissenschaftspreis genau dafür der Beweis sein, denn er soll hervorragende Leistungen in Wissenschaft und Forschung zielgerichtet fördern, um eine Basis für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Berlins zu schaffen.

Durch die Höhle der Löwen

Wolfgang Kleiner und Vinh-Nghi Tiet sind noch nicht so etabliert. Mit ihrem Startup Aspuraclip in Berlin-Schönefeld stellten sie sich den Juroren in der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ und gewannen Investoren für ihren Mini-Inhalator. Wie sie dem Internetportal gruenderszene.de in einem Interview berichten, war der Clip ursprünglich nicht ihre eigene Idee, sondern die eines Bekannten. Die beiden Aspuraclip-Gründer jedoch brachten ihn zur Marktreife.

Der Mini-Inhalator besteht aus einem ergonomisch geformten Nasenclip aus medizinischem Silikon und enthält ätherische Öle. Weil er so unauffällig ist, können Erkältete ihn diskret verwenden und sind nicht in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Die Produktion des Nasenclips läuft in Brandenburg, seit 2015 ist das grazile Gerät auf dem Markt. Dazu waren etliche Schritte und viel Geld nötig – unter anderem, um den Aufbau der Produktionsstätte in Brandenburg zu finanzieren, die Maschinen für die Befüllung zu entwickeln und eine luftdichte Verpackung herzustellen. Nun wollen die Gründer weitere Duftmischungen entwickeln und neue Märkte in Europa und Asien erschließen.

Zukunftspreis 1 für Ada Health

Im Gesundheitswesen der Zukunft wird auch Ada Health mitspielen – das beweisen die vielen bereits erhaltenen Auszeichnungen, etwa als Europas „Hottest Health Startup“ 2018 oder wie jüngst der Zukunftspreis der Cluster der Gesundheitswirtschaft Deutschlands (cdgw) und der Health-i Award der Techniker Krankenkasse (TK). Das Berliner Digital-Health-Unternehmen hat eine Gesundheitshelferin entwickelt – eine medizinische App, die Menschen weltweit helfen soll, ihren Gesundheitszustand einzuschätzen. Dafür kombiniert Ada künstliche Intelligenz mit ärztlichem Wissen. Menschen mit Beschwerden suchen dann nicht mehr ziellos über Suchmaschinen nach möglichen Ursachen ihres Unwohlseins, sondern beantworten – ähnlich wie beim Arzt – in der App personalisierte Fragen. Auf der Grundlage schlägt Ada dann mögliche Diagnosen vor. Häufig wird darüber hinaus ein Arztbesuch empfohlen.

Die Entwickler des sehr erfolgreichen Berliner Unternehmens gehen davon aus, dass die Applikation den Zugang zur Gesundheitsversorgung weltweit verbessern kann. Dafür werden sie auch von der Bill & Melinda Gates Stiftung gefördert, um die Gesundheitsversorgung insbesondere in Afrika zu verbessern. Schon heute ist die App Ada laut Firmenangaben in mehr als 130 Ländern die Nummer 1 der medizinischen Apps mit über 5 Millionen Usern.

Zukunftspreis 2 für Töchter & Söhne

Ebenfalls digital im Gesundheitswesen ist das Unternehmen Töchter & Söhne unterwegs. Für seine Online-Schulungen für pflegende Angehörige und ehrenamtlich Pflegende erhielt es kürzlich den Zukunftspreis des Verbandes der Ersatzkassen (vdek). Mit dieser Auszeichnung würdigen die Ersatzkassen Projekte und Ideen, die zur Verbesserung der Versorgung beitragen, insbesondere vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft. Ziel der Online-Pflegekurse von Töchter & Söhne ist es, Angehörige und Ehrenamtliche auf die Pflege im häuslichen Umfeld vorzubereiten und Unterstützung für den Pflege-Alltag zu schaffen. Die interaktiven Online-Kurse bieten eine schnelle und jederzeit verfügbare Hilfestellung. Zertifizierte Pflegeberater begleiten die Kursteilnehmer über die Kursdauer von sechs Monaten und beantworten ihnen individuelle Fragen.

Töchter & Söhne wurde im Jahr 2012 gegründet, da Gründer und geschäftsführender Gesellschafter Thilo Veil sich mit der aktuellen Situation in Deutschland auseinandersetzte: Rund 3,3 Millionen pflegebedürftige Menschen leben im Land, und vermutlich wird diese Zahl weiter steigen. „Wir glauben, dass viele Menschen ihre Angehörigen pflegen möchten, aber an den Hürden des Alltags scheitern.“ Zusammen mit dem zweiten Geschäftsführer Florian Caspari arbeitet Veil im Rahmen von Töchter & Söhne daran, diesem Umstand Abhilfe zu verschaffen.