AOK-Forum live zum Thema „Ambulantisierung im ländlichen Raum“

Beim digitalen AOK-Forum live am 3. Dezember unter dem Stichwort „Ambulantisierung im ländlichen Raum“ forderten Gesundheitspolitiker und Experten eine weitreichende Reform der Krankenhauslandschaft. Insbesondere für ländliche Regionen wurde die Lösung in einer stärkeren Zusammenführung der ambulanten und stationären Versorgung gesehen. Dazu sollten entsprechende Finanzierungsgrundlagen geschaffen und Gesetze so flexibel gestaltet werden, dass zwischen ambulant und stationär frei gewechselt werden kann – je nach Bedarf.

Keine Krankenhausreform mehr in dieser Legislaturperiode

Warum eine solche Hybridversorgung in Zukunft möglich sein muss, brachte Erwin Rüddel, CDU-Bundestagsmitglied und Vorsitzender des Gesundheitsausschusses auf den Punkt: „Die Gesellschaft wird älter, ruft also mehr Gesundheitsleistungen ab. Wir können immer mehr, was dann auch von den Patienten abgerufen wird. Die Lösung sehe ich eindeutig darin, dass man ambulant und stationär stärker zusammenführt.“ Dazu bräuchte es auf jeden Fall eine Krankenhausreform. „Leider werden wir da in dieser Legislaturperiode keinen großen Wurf mehr hinbekommen, es wird aber Thema in der nächsten sein“, so Rüddel. Er ergänzt: „Wenn wir eine Krankenhausreform in der nächsten Legislaturperiode auf den Weg bringen, dann müssen Bund, Länder und Kassen an einem Strang ziehen, weil wir ansonsten unsere Ressourcen verschwenden.“

Im Spannungsfeld zwischen Qualität und Erreichbarkeit

Jörg Heydorn, SPD-Landtagsabgeordneter in Mecklenburg-Vorpommern und Vorsitzender der Enqueteeommission „Zukunft der medizinischen Versorgung in MV“ sieht das ähnlich. Mit Blick auf die oft emotional sehr aufgeladene Diskussion um das Thema Krankenhäuser wird der Landespolitiker sehr deutlich: „Wir müssen den Leuten in Deutschland sagen: So wird es nicht mehr funktionieren. Bestimmte Strukturen werden wir so nicht mehr aufrechterhalten können. Wir brauchen Veränderungen und diese Veränderungen gehen an der ein oder anderen Stelle auch mit Rückbau einher.“

Auf Landesebene bewege sich die Diskussion momentan im Spannungsfeld zwischen Qualität auf der einen und Erreichbarkeit auf der anderen Seite. „Unsere Aufgabe ist es, das auszutarieren: Welche Form von Versorgung muss möglichst leicht erreichbar sein und welche muss gegebenenfalls konzentriert werden, um bestimmte qualitative Parameter zu erfüllen“, so Heydorn. Was aus seiner Sicht bei der ganzen Debatte bisher zu kurz gekommen sei, sind die Mobilitätsgesichtspunkte. „Die spielen für die Bevölkerung eine ganz große Rolle. Das heißt, wenn wir anfangen, darüber zu diskutieren, dass man Angebote konzentriert, müssen wir immer die Frage beantworten, wie wir auch entsprechende Mobilitätsangebote schaffen. Da braucht es auch gemeinsame Lösungsansätze, die regional konzipiert werden.“

Neues Projekt der AOK Nordost „Gesundheitsversorgung 2030“

Um Ambulantisierung erfolgreich voranzubringen, braucht es aus Sicht der AOK Nordost ein Umdenken in der Politik. „Es müssen neue Finanzierungsmodelle gedacht werden, aber nicht gleich mit dem Reflex eines dritten Sektors. Finanzierungsmöglichkeiten, die Beinfreiheit schaffen für die Partner und auch regionale Kooperationsmodelle zulassen“, sagt Daniela Teichert, Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost. Was es nicht bräuchte, seien zentral vorgegebene Strukturen. „Das können wir in den Regionen schon selbst gut“, so Teichert. 

Dieses Ziel verfolgt die AOK Nordost mit einem internen Projekt namens „Gesundheitsversorgung 2030 – Strukturmigration“, das kürzlich gestartet ist und im ersten Schritt die bestehende Situation analysiert. Es soll Informationen nutzen, die der Krankenkasse vorliegen – beispielsweise aus Abrechnungsdaten –, um Antworten zu liefern. Antworten auf die Frage, wie eine gute und gleichzeitig finanzierbare Gesundheitsversorgung auch in demografisch herausgeforderten Regionen in Zukunft sichergestellt werden kann. Für die AOK-Vorstandsvorsitzende steht fest: „Es muss Kooperationsmodelle geben, die weitergehen als bisher. Wenn wir ein vernetztes Gesundheitssystem denken, sind da noch ganz andere Möglichkeiten vorhanden.“ Für das Projekt bedeutet das: „Im Moment schauen wir uns die ambulanten und stationären Versorgungsstrukturen an. Aber perspektivisch werden wir das noch viel weiter fassen. Es geht auch um Gesundheitsförderung, um Prävention, um Pflege und um Reha“, so Daniela Teichert.

Notwendige Änderungsregelungen in Paragraf 140a

Die AOK Nordost ist auch an dem Innovationsfondsprojekt „Strukturmigration im Mittelbereich Templin – StimMT“ beteiligt. Dort wurde die Ambulantisierung bereits exemplarisch umgesetzt und ein Landkrankenhaus in ein Ambulant-Stationäres-Zentrum umgewandelt. „In StimMT haben wir eine strukturierte Behandlung geschaffen, die vom ambulanten Bereich über einen etwas mehr spezialisierten fachärztlichen Bereich bis hin zum Ambulant-Stationären-Zentrum reicht“, erklärt Dr. Peter Noack, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg.  

Das Problem bei solchen Innovationsfondsprojekten: Nach Projektende und mit Auslaufen der Fördermittel fehlt die Finanzierungsgrundlage für die neu geschaffenen Strukturen. „Da kann man viel diskutieren über sektorenübergreifende Versorgungsmodelle, Hybridfinanzierung oder Ähnliches. Das gibt es alles noch nicht. Wenn das ermöglicht wäre, würde das viel helfen, Versorgung vor Ort zu erhalten“, so Noack. Eine Lösung wären aus seiner Sicht entsprechende Änderungsregelungen im Paragraf 140a SGB V. „Es muss möglich sein, nach Projektende entsprechende Anschlussvereinbarungen zur Fortführung eines positiven Ergebnisses zu treffen – sehr schnell und mit allen Kassen, auch den bundesweit agierenden.“

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