Positionspapier des VCI: PFAS-Beschränkung: Gut gemeinte Regulierung könnte unsere Gesundheit gefährden

Derzeit wird auf EU-Ebene ein Vorschlag zur umfassenden Beschränkung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) unter der Chemikalienverordnung REACH diskutiert. Was vielen Menschen gar nicht bewusst ist: Das aktuelle PFAS-Regulierungsvorhaben betrifft uns alle, Unternehmen innerhalb und außerhalb der Chemie sowie Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir verwenden PFAS täglich. Sie sind thermisch und chemisch stabil, wasser-, fett- und schmutzabweisend. Und sie schützen uns, beipspielsweise als Beschichtungsmaterial in Funktionsjacken und in Schutzausrüstung von Einsatzkräften wie der Feuerwehr. In der Industrie werden PFAS unter anderem in der Halbleiterherstellung, in Lithium-Ionen-Batterien, in Brennstoffzellen oder bei Wasserstoffelektrolyseuren eingesetzt. Zudem sind sie in vielen industriellen Prozessen und Anlagen als Komponenten unverzichtbar, etwa in Dichtungen, Ventilen oder Schläuchen.

Aber auch unsere Gesundheitsversorgung wäre betroffen. PFAS stellen für die Gesundheitswirtschaft Hochleistungs-Werkstoffe dar, die medizinisch-technische Fortschritte der letzten Jahrzehnte erst ermöglicht haben. Medizinprodukte wie beispielsweise Inkubatoren für Neugeborene, Herz-Lungen-Maschinen oder Implantate wie Herzschrittmacher, Stents oder Gelenke könnten dann nicht mehr hergestellt und verwendet werden. Da die im Vorschlag vorgesehene Ausnahmeregelung für pharmazeutische Wirkstoffe (API) und nicht für Arzneimittel insgesamt gilt, bedeutet dies, dass die Herstellung oder Verwendung von Zwischenprodukten, Hilfsstoffen und Rohstoffen als Teil der Arzneimittelherstellung unter die Beschränkung fallen würde. Selbst die Verpackungen wären betroffen. Sollte es keine Ausnahmeregelungen für Forschung und Entwicklung, Herstellung, Hilfsstoffe, Beistoffe, Endprodukt und Verpackung geben, könnte dies bereits 18 Monate nach Inkrafttreten zur Rücknahme einiger Arzneimittel führen.

PFAS werden in vielen Bereichen immer dann eingesetzt, wenn extreme Rahmenbedingungen wie hohe oder niedrige Temperaturen, hohe Reibungswiderstände oder aggressive chemische Bedingungen oder besondere Hygienebedingungen dies erfordern. Aufgrund Ihrer Eigenschaften tragen PFAS in Anlagen und Erzeugnissen zur Verlängerung der Lebensdauer, Reduzierung der Wartungsintensität und zur Erhöhung der Sicherheit bei.

Schutz von Mensch und Natur Ja, pauschale Verbote Nein

Die chemisch-pharmazeutische Industrie unterstützt uneingeschränkt das Ziel der Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit (CSS), den Schutz der Menschen und der Umwelt vor Risiken durch Chemikalien zu verbessern. Aus unserer Sicht ist jedoch eine grundlegende Überarbeitung bzw. Neufassung des vorliegenden Beschränkungsvorschlags von PFAS notwendig. Unter PFAS werden tausende Stoffgruppen zusammengefasst. Das EU-Vorhaben geht jedoch über das Verbot einzelner nachgewiesen schädlicher Chemikalien hinaus: Es wird vorgeschlagen, aufgrund struktureller Ähnlichkeiten eine Gruppe von bis zu 10.000 Chemieprodukten – überwiegend ungeprüft – vom Markt zu verbannen.

Die vorgesehenen pauschalen Verbote hätten fatale Auswirkungen auf die Industrieproduktion in allen Branchen. Damit wären die Erreichung der Klimaziele sowie die Zukunftsfähigkeit und Resilienz des Standortes Deutschland und Europa gefährdet.

Der Umgang mit PFAS erfordert einen differenzierten Bewertungs- und Regelungsansatz. Nicht-beherrschbare Risiken müssen auf Basis wissenschaftlicher Bewertungen reguliert werden. Es darf kein pauschales Verbot von PPFAS geben. Im Fokus sollte die sichere Verwendung entlang des Produktlebenszyklus stehen. Auf dieser Basis sollten z.B. breitangelegte, langfristige Ausnahmen für bestimmte Stoffklassen, Produkte sowie insbesondere für professionelle und industrielle Verwendungen etabliert werden. Zum Beschränkungsvorschlag führt die ECHA derzeit eine öffentliche Konsultation durch. Dieses läuft noch bis zum 25. September 2023. An der öffentlichen Konsultation können sich Stakeholder (Firmen, Verbände, Organisationen, Privatpersonen und weitere Behörden) beteiligen. Wir empfehlen dringend die Beteiligung betroffener Unternehmen und Lieferketten, insbesondere, wenn keine Alternativen verfügbar sind und Ausnahmen für die jeweilige Verwendung benötigt werden.

Das Positionspapier des VCI finden Sie unter folgendem Link: www.vci.de/themen/chemikaliensicherheit/reach/reach-beschraenkungsvorschlag-von-pfas.jsp