Neue Erkenntnisse zur Phagen-Antibiotika-Kombinationstherapie
Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben in Laborversuchen neue Erkenntnisse zur Kombinationstherapie mit Phagen und Antibiotika bei Lungenentzündungen gewonnen. Hier beantworten Chantal Weißfuß, Erstautorin der Studie, und Studienleiterin PD Dr. Geraldine Nouailles Fragen zu den Forschungsergebnissen.
Welche wissenschaftliche Fragestellung liegt Ihrer Studie zugrunde?
Nach einer mechanischen Beatmung auf der Intensivstation können Lungenentzündungen auftreten, man spricht von beatmungsassoziierten Pneumonien (im Englischen kurz VAP). Sie werden häufig durch Erreger wie Pseudomonas aeruginosa verursacht, die gegen verschiedene Antibiotika widerstandsfähig, also „multiresistent“ sind. Wir wollten herausfinden, ob die Kombination eines Antibiotikums mit sogenannten Phagen sich positiv auf die Therapie einer durch Pseudomonas verursachten VAP auswirkt. Phagen sind Viren, die gezielt Bakterien befallen und abtöten können – unabhängig von deren Antibiotika-Resistenzen.
Wie sind Sie vorgegangen?
Wir haben ein Mausmodell für beatmungsassoziierte Lungenentzündungen durch Pseudomonas aeruginosa entwickelt und die Tiere entweder mit einem Pseudomonas-spezifischen Phagen-Gemisch, dem Antibiotikum Meropenem oder der Kombination beider Therapeutika behandelt. Zusätzlich haben wir anhand von menschlichen Lungenzellen untersucht, welchen Einfluss die Einzel- bzw. Kombinationsbehandlung auf die Lungenbarriere oder durch die Beatmung vorgedehnte Zellen hat. Wir prüften außerdem, ob durch die Abtötung der Bakterien Nebenwirkungen entstehen.
Was haben Sie herausgefunden?
In unserem Mausmodell konnten wir feststellen, dass die Kombinationsbehandlung mit Phagen und dem Antibiotikum zu einem besonders guten Ergebnis führte. Die Bakterien wurden schnell und nachhaltig abgetötet, die Mäuse erholten sich schneller von der Lungenentzündung und zeigten niedrigere Infektionsparameter sowie eine geringere Schädigung der Lunge. Es zeigten sich keine Nebenwirkungen. Diese Ergebnisse konnten wir auch mit den humanen Zellkulturmodellen bestätigen.
Was hat Sie überrascht?
Überraschend war, dass wir bei der Kombinationstherapie die Konzentration sowohl des Antibiotikums als auch des Phagen-Gemischs senken konnten, ohne dass die Wirkung schwächer wurde. Im Hinblick auf mögliche Nebenwirkung einer Therapie ist das sehr wertvoll.
Welches Fazit können Sie ziehen?
Die Phagen-Antibiotika-Therapie ist ein vielversprechender Ansatz für die Behandlung von Lungenentzündungen mit multiresistenten Bakterien. Die Kombination beider Therapeutika vereint die jeweiligen Vorteile: die schnelle und spezifische Abtötung der Bakterien durch die Phagen und die langanhaltende Wirkdauer des Antibiotikums. Nachteile wie neue Phagen-resistente Bakterien oder eine Schädigung der Lungenbarriere oder anderer Organe durch Antibiotika haben wir nicht beobachtet. Weitere Studien sind nötig, bevor Phagen zusammen mit Antibiotika für Patientinnen und Patienten regulär eingesetzt werden können.
Kontakt
Chantal Weißfuß & PD Dr.-Ing. Geraldine Nouailles
Fächerverbund für Infektiologie, Pneumologie und Intensivmedizin
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Links
- Link zur Originalpublikation auf der Webseite von Nature
- Externer Link zur Webseite Gesundheitsforschung des Bundesforschungsministeriums (Forschungsprojekt MAPVAP)
- Externer Link zur Webseite der AG Immunobiology and Respiratory Infections (Nouailles)