Im Portrait | Noah Labs – Herzprobleme über die Stimme erkennen
Herzinsuffizienz ist in Deutschland der häufigste Grund für vollstationäre Krankenhausaufenthalte. Dabei kann insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz oft ein längerer Aufenthalt im Krankenhaus vermieden werden – wenn die drohende Dekompensation (akute Verschlechterung der Herzpumpleistung) rechtzeitig erkannt wird. Genau auf diese Früherkennung konzentriert sich das Berliner Health-Start-up Noah Labs. Es bietet derzeit mit Noah Labs Ark eine Telemonitoring-Software an, die den Gesundheitszustand der Patienten zu Hause kontinuierlich überwachbar macht. Bei kritischen Veränderungen informiert die Software frühzeitig die behandelnden Ärztinnen und Ärzte oder klinisches Personal, um so dem ein oder anderen Klinikaufenthalt vorzubeugen.

Erfolgreiches Wachstum
Gegründet wurde Noah Labs 2021 von dem Ingenieur für maschinelles Lernen Marcus Hott, dem Mediziner Dr. Leonhard Riehle und dem Volkswirt Oliver Piepenstock. Gestartet in einem kleinen Berliner Büro hat Noah Labs dank Investitionen von Business Angels und mehreren Finanzierungsrunden mittlerweile an zwei Standorten in Berlin und Potsdam 25 Mitarbeiter. Zu den Investoren bei Noah Labs zählt unter anderem die Stiftung des Deutschen Herzzentrums der Charité (DHZB), im Jahr 2024 kam eine Eigenkapital- und Zuschussfinanzierung von Nina Capital und Adesso Ventures in Höhe von 3 Millionen Euro dazu. Seit 2023 führt die DHZB gemeinsam mit der Charité das Deutsche Herzzentrum der Charité (DHZC). Mit diesem verbindet Noah Labs auch eine strategische Partnerschaft zur Diagnostik und Überwachung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Einen weiteren großen Schub bekam Noah Labs dann Anfang dieses Jahres: Es wurde in das Accelerator-Programm des Europäischen Innovationsrats (EIC Accelerator) aufgenommen. Für das hochkompetitive Programm bewarben sich europaweit knapp 1200 Unternehmen – nur 71 wurden ausgewählt. Für Noah Labs bedeutet die Aufnahme eine Förderung von 11 Millionen Euro für den Marktzugang; 2,5 Millionen davon als Zuschuss, 8,5 Millionen Euro Eigenkapitalbeteiligung in den nächsten Jahren.
Auch die Jury des renommierten Berliner Deep Tech Awards zeigte sich in diesem Jahr von den Entwicklungen von Noah Labs überzeugt und wählte das Start-up zum „Deep Tech Star“ in der Kategorie Künstliche Intelligenz.
Noah Labs Vox und Noah Labs Ark
Was Noah Labs so erfolgreich macht, sind bisher zwei Software-Angebote, die Herzpatienten den Klinikaufenthalt ersparen sollen: Noah Labs Vox und Noah Labs Ark. Während Noah Labs Vox noch in der Entwicklung ist, ist Noah Labs Ark bereits seit 2024 auf dem Markt und als Medizinprodukt der Klasse IIa zugelassen. Die Software integriert die Messwerte von unterschiedlichen medizinischen Geräten und Wearables – etwa EKG, Smartwatches, Waagen oder Blutdruckmanschetten. Alle gemessenen Daten des Patienten werden in einem Dashboard angezeigt und die Vitalzeichen und Symptome direkt an die Praxen und Kliniken gesendet. Bei auffälligen Messwerten können die behandelnden Ärztinnen und Ärzte dann direkt aktiv werden. Über 75 Praxen und Kliniken setzen diese Telemonitoring-Funktion mittlerweile bei ihren Patienten ein. Sowohl die privaten als auch die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen bei medizinischer Indikation die Kosten.
Hinter dem zweiten Produkt – Noah Labs Vox – steckt folgende Idee: Herzpatienten sprechen zweimal am Tag den gleichen Satz in ihr Telefon, die Software Noah Labs Vox erkennt dann mithilfe von KI, ob sich der Klang der Stimme verändert hat und informiert bei Stimmveränderungen den behandelnden Arzt oder Ärztin. Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine größere Flüssigkeitsansammlung im Körper – ein Anzeichen von kardialer Dekompensation – zu einer veränderten Ausbreitung von Schallwellen führt und dass sich die Stimme des Patienten dabei temporär verändert. Während das menschliche Gehör dies nicht wahrnehmen kann, ist die Veränderung mithilfe von Noah Labs Vox messbar. Um das zu untermauern, wird der Einsatz von Noah Labs Vox derzeit in einer großen Studie am DHZC und der Mayo Clinic in den USA getestet. Die Noah Labs-KI analysiert dabei in den Stimmproben der Teilnehmenden hunderte von Parametern und erfasst dabei selbst kleinste Veränderungen.
Partnerschaften in Berlin und der Welt
Mit der Charité verbinden Noah Labs weitere Arten der Zusammenarbeit, beispielweise bei Validierungsstudien. Die erste Kooperation dieser Art erfolgte vom Dezember 2021 bis zum April 2023 im Rahmen des Berlin Start-up Stipendiums (BSS). Während dieser Inkubationszeit beteiligten sich die Gründer zwischen 2022 und 2023 auch am Mentoring-Programm der Humboldt-Innovation GmbH. Mit Dr. Leonhard Riehle, der sein Medizinstudium an der Charité absolviert hat und klinische Studien zur Stimme geleitet hat, erweiterte sich 2024 das Gründer-Duo zum Trio. Außerdem hat das Start-up unter anderem Partnerschaften mit der Klinik Barcelona und ist Mitglied im American Heart Association Innovationsnetzwerk. Grundsätzlich führt Noah Labs wichtige klinische Studien auch in Berlin durch, ebenso wurden regulatorische Zertifizierungen für die Software von Noah Labs durch den in Berlin ansässigen Zertifizierungsdienstleister BerlinCert vorgenommen.
An Berlin schätzen die Gründer die Nähe zu den Forschungseinrichtungen, den Zugang zu internationalen Talenten aus den Bereichen KI und Gesundheitstechnologie sowie die Unterstützung durch Berlin Partner und öffentliche Förderprogramme. „Berlin vereint Talent, öffentliche Förderung, akademischen Zugang und geringere Betriebskosten im Vergleich zu anderen Start-up-Zentren wie München oder San Francisco“, sagte Mitgründer Oliver Piepenstock kürzlich. „Außerdem fördert die Stadt starke Gründernetzwerke und Early-Adopter-Communities mit innovativer Denkweise. Das alles hat uns geholfen, unsere Ideen schnell in die Tat umzusetzen und voranzukommen.“
Weiterführende Links:
- Webseite Noah Labs
- Deutsches Herzzentrum der Charité
- EIC Accelerator Auswahl für Accelerator-Programm
- Deep Tech Award Verleihung