Drei Proteine im Blut geben Hinweis auf Diabetes-Vorstufe

Wissenschaftler*innen vom Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) haben gemeinsam mit Kolleg*innen aus Großbritannien eine Möglichkeit gefunden, eine gestörte Glukosetoleranz, eine Vorstufe von Diabetes, ohne den aufwändigen Glukosetoleranztest, vorherzusagen:

 

Bei der Analyse aller Eiweiße im Blut bei fast 11.000 Teilnehmer*innen einer Studie stießen sie auf drei Proteine, deren erhöhte Konzentration eine Glukoseintoleranz besser vorhersagte als bisher angewandte Tests auf Diabetes. Ihre Ergebnisse haben die Forscher*innen in der Zeitschrift Nature Medicine veröffentlicht.

Ein Typ-2-Diabetes entsteht nicht von heute auf morgen: Häufig kündigt sich die Stoffwechselstörung lange an, oft durch eine Glucose-Intoleranz. Mit verschiedenen medizinischen oder verhaltenstherapeutischen Maßnahmen können Betroffene verhindern oder verzögern, dass sich die Glukoseintoleranz tatsächlich in einen Typ-2-Diabetes weiter entwickeln. Leider aber wissen die wenigsten von der drohenden Gefahr, denn die sogenannte isolierte gestörte Glukosetoleranz (isolierte IGT), einer häufigen Form des Prädiabetes, kann nur durch orale Glukosetoleranztests identifiziert werden. Dieses zeitaufwändige Verfahren erfordert wiederholte Blutentnahmen und ist daher nicht Teil der klinischen Screening-Routine für Typ-2-Diabetes.

5000 Proteine im Blut von 11.000 Studienteilnehmer*innen

Um eine einfachere Diagnosemöglichkeit zu entwickeln, untersuchten das Team um Claudia Langenberg, der Leiterin der AG Computational Medicine am BIH, die Blutplasmaproben von mehr als 11.000 Teilnehmer*innen der Fenland-Studie auf ihren gesamten Proteingehalt von über 5000 verschiedenen Proteinen, das so genannte Proteom. Bei allen Studienteilnehmer*innen war zuvor ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt worden, so dass bekannt war, wer tatsächlich an einer Vorstufe von Diabetes litt.

 

Die Wissenschaftler*innen wandten anschließend einen Algorithmus für maschinelles Lernen an, der aus den Tausenden von gemessenen Proteinkonzentrationen einen Kernsatz von wenigen Proteinen identifizierte, der am sichersten die isolierte Glucoseintoleranz (iIGT) identifizierte. Dabei wurden alle Proteine in Blutproben von nüchternen Probanden, das heißt, ohne vorherigen Toleranztest, gemessen.

Dabei stießen die Autor*innen auf drei Proteine, die die Vorhersage durch Standardrisikofaktoren und Labortests wesentlich verbesserte. So korrigierte der Test auf die drei Proteine die Einstufung bei über 16% der Teilnehmer*innen, die zuvor falsch als Person mit oder ohne Prädiabetes diagnostiziert worden waren. Ihre Ergebnisse fanden die Wissenschaftler*innen in Proben aus der unabhängigen Whitehall-II-Studie mit ebenfalls Tausenden von Teilnehmer*innen bestätigt. Ebenfalls konnten sie zeigen, dass Fasten vor der Blutentnahme die Konzentration der drei Proteine nicht signifikant beeinflusst, was die Anwendung des Tests in der klinischen Praxis erheblich erleichtern und verbessern würde.

Früherkennung verbessern - Gesundheit erhalten

Julia Carrasco Zanini, Doktorandin in Claudia Langenbergs Gruppe und Erstautorin der Studie, erklärt: "Die Fenland-Studie ist einzigartig, denn sie kombiniert genetische Daten und Blutproben mit einer Reihe von klinischen Merkmalen, einschließlich oraler Glukosetoleranztests. Mithilfe der Broad-Capture-Proteomics-Technologie konnten wir in diesen Daten Proteinsignaturen identifizieren, die eine gestörte Glukosetoleranz erheblich besser erkennen."

Claudia Langenberg rechnet vor, dass die Messung der drei Proteine in einem Zwei-Stufen System erhebliche Vorteile bringen könnte: Sie würde die Anzahl der Personen reduzieren, die sich einem oralen Glukosetoleranztest unterziehen müssen, um eine isolierte Glucoseintoleranz festzustellen. "Auch damit werden wir noch nicht alle Personen im Risikobereich erwischen", schränkt sie ein, "dennoch würden wir etwa ein Drittel mehr Betroffene frühzeitig entdecken. Das würde den Betroffenen ermöglichen, ihren Lebensstil so anzupassen, dass sie möglichst lange gesund bleiben. Und damit auch die Belastung des Gesundheitssystems verringern."

Die Wissenschaftler*innen möchten nun die Drei-Protein-Signatur in anderen Bevölkerungs- und ethnischen Gruppen bewerten und schließlich das Zwei-Stufen-System zur Erkennung von Prädiabetes in kontrollierten Studien testen.

 

Die Fenland-Studie wird vom Medical Research Council finanziert. Die proteomischen Messungen wurden durch eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Universität Cambridge und SomaLogic unterstützt und gesetzlich geregelt.