Aktuelles Interview: Kathrin Leffler, Leiterin des neu geschaffenen Direktorats für Pflegestrategie und Betreuungsmanagement bei der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH

Seit Dezember 2018 ist Kathrin Leffler Leiterin des neu geschaffenen Direktorats für Pflegestrategie und Betreuungsmanagement bei der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH. Die gelernte Krankenschwester und studierte Betriebswirtin war zuvor Pflegedirektorin des Vivantes Auguste-Viktoria Klinikums, Vivantes Wenckebach-Klinikums und Sprecherin der Pflegedirektoren*innen von Vivantes.

„Pflege wird bei Vivantes großgeschrieben“, so heißt es auf der Webseite des größten kommunalen Gesundheitsversorgers Deutschlands. Im Dezember letzten Jahres wurde ein einrichtungsübergreifendes Direktorat für Pflegestrategie und Betreuungsmanagement bei Vivantes geschaffen, dessen Leiterin Sie sind. Welche Fäden laufen bei Ihnen zusammen?

Ich bringe die Pflegedirektoren in einer ständigen Konferenz zusammen, in der alle Pflegethemen zusammenlaufen. Darüber hinaus bin ich die Schnittstelle zu den Geschäftsbereichen Personal und Finanzen. Die Pflege steht momentan sehr im Mittelpunkt, aufgrund des Fachkräftemangels und neuer gesetzlicher Vorgaben. Es ist inzwischen so viel zu tun, dass es wichtig war, ein Direktorat mit ein paar Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu schaffen.

Das seit Januar in Kraft getretene Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) ist ein umfassendes Programm, mit dem die Bundesregierung dem Pflegenotstand entgegenwirken möchte. Hierzu gehört auch die Weiterentwicklung der Pflegepersonaluntergrenzen. Wie werden Sie vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels diesen Spagat lösen?

Die genannten gesetzlichen Vorgaben sind momentan sehr präsent, auch in unseren Arbeitsalltag. Die zentrale Herausforderung ist und beibt das Personal. Wir müssen Fachkräfte gewinnen, selbst ausbilden oder aus dem Ausland holen. Dafür haben wir verschiedene Projekte aufgelegt und unsere Maßnahmen auf den Prüfstand gestellt – vom Marketing über das On-Boarding bis hin zu den Arbeitsbedingungen. Wir versuchen, an allen Schrauben noch mal zu drehen, um im Wettbewerb diejenigen zu sein, die weiterhin Fachkräfte gewinnen und bei sich halten können. Allein über den Arbeitsmarkt werden wir das aber nicht schaffen, wir müssen auch selbst ausbilden.

Und wie werden Sie vor diesem Hintergrund die Ausbildung bei Vivantes gestalten?

Bis 2020 verdoppeln wir unsere Ausbildungsplätze und wir haben auch ein großes Auslandsprojekt: Zum Herbst holen wir 150 vietnamesische Pflegekräfte, die in Vietnam ausgebildet wurden, dort gerade in der sprachlichen Weiterbildung sind und die hier eine verkürzte Ausbildung machen. Wir haben auch Angebote für unsere Mitarbeiter, zum Beispiel Stipendienprogramme im Pflegemanagement-Bereich, wenn jemand studieren will. Gemeinsam mit der Charité wollen wir einen modernen Bildungscampus gründen mit digitalen Technologien. Wenn wir das realisieren können, ist der Campus ein Magnet für junge Menschen und eine hervorragende Ausbildungsstätte.

Stichwort Akademisierung der Pflege: Für wie wichtig erachten Sie die akademische Ausbildung von Pflegefachkräften?

Ich gehe nicht davon aus, dass wir den Weg gehen wie beispielsweise die Hebammen, dass alle Pflegefachkräfte ein Studium haben müssen. Denn abgestufte Pflegekraftmodelle sind durchaus sinnvoll und ich halte einen Qualifikationsmix für sehr wichtig. Wir kämpfen im Moment dafür, dass akademische Weiterbildungsangebote anerkannt werden. Derzeit werden im Krankenhaus oft nur die üblichen Fachweiterbildungen anerkannt. Diese gibt es aber auch schon als Bachelorstudiengang, der durch den Gemeinsamen Bundesausschuss noch nicht anerkannt ist. Wir wollen, dass junge Menschen einen Bachelorstudiengang gerade zu Fachthemen belegen können, um so auch eine gute Fachpflege zu etablieren.

Zur Stärkung der Pflege gehört auch die Entlastung des Pflegepersonals. Hierfür sollen vermehrt Investitionen in digitale Lösungen fließen. Welche Innovationen versprechen Sie sich von der Digitalisierung – und vor allem, welche Voraussetzungen werden Sie bei Vivantes schaffen, um diese im Pflege- und Betreuungsalltag zu integrieren?

In fünf Jahren wollen wir zu 95 Prozent papierlos sein. Dafür führen wir an unseren Standorten unter anderem die digitale Dokumentation am Bett ein. Das hört sich einfach an, aber in unserer Größe und mit allen Vorschriften zum Umgang mit Patientendaten ist das ein Großprojekt. Als nächstes werden wir ein elektronisches Überleitungsmanagement einführen. Mithilfe einer Software sollen alle nachsorgenden Einrichtungen, wie Hauskrankenpflege oder Kurzzeitpflege, die Patienteninformationen digital erhalten. Bislang ist das für Pflegefachkräfte sehr aufwendig. Auch der Bereich Robotik ist zukunftsfähig. Intelligente Verbandswagen, die mitteilen, wenn ihnen etwas fehlt, sparen Zeit und doppelte Wege. Dass Patienten bald schon von Robotern gewaschen werden, da sind wir in Deutschland noch weit von entfernt. Wir werden aber bestimmte Bereiche durch digitale Unterstützung und Robotik erleichtern müssen und so mehr Zeit für die Fachkräfte freischaufeln.