Im Portrait | Projekt optION: kleiner Chip mit großem Anwendungsfeld

In dem Forschungsprojekt optION hat ein interdiszipläres Team aus Forschungseinrichtungen und innovativen Unternehmen eine Sensorlösung entwickelt, die verschiedene Elektrolyte in einer kleinen Blutmenge messen kann. Die Forschenden sind von dem Ergebnis so überzeugt, dass bei den Elektrolyten noch lange nicht Schluss sein soll.

 

Er ist kaum so groß wie ein Fingernagel, hat aber das Potenzial, die Sensorik in der Bioanalytik zu transformieren: ein kleiner photonischer Sensorchip aus Siliziumnitrid. Entwickelt und ausgiebig getestet wurde der Chip im Rahmen des Forschungsprojekts optION, das von Februar 2019 bis Oktober 2022 lief. Ziel des Projekts mit dem Titel „Optischer Mikroringsensor zur quantitativen Bestimmung von Elektrolyten“ war es, ein Gerätekonzept für die Analyse der Elektrolyse in kleinen Blutmengen zu entwickeln. 

 

optION ist das mittlere von insgesamt drei aufeinanderfolgenden Projekten. Im Vorläufer-Projekt „MINIMUM“ wurde an einem neuartigen optischen Sensoransatz geforscht, um Erreger innerhalb von weniger als einer Stunde ohne Einbringung von Markierungen nachzuweisen. Das MINIMUM Projekt war damals ein Berlin-Brandenburger ProFIT-Projekt – erhielt also Förderung aus den themenoffenen und technologieorientierten Förderprogrammen beider Bundesländer. Die Unterstützung durch zwei Länder brachte seinerzeit Herausforderungen wie unterschiedliche Anforderungen an die Förderung und Fristen mit sich. Die Abstimmung mit den Geldgebern wurde damals unter anderem durch das Clustermanagement HealthCapital Berlin-Brandenburg unterstützt. 

 

Spezialteams aus unterschiedlichen Disziplinen 

Auch bei optION stand das Clustermanagement beratend zur Seite. In diesem Fall kam die Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Für das Projekt hatten sich erneut Spezialteams aus verschiedenen Disziplinen zusammengeschlossen: neben Mitarbeitenden des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI und den beiden Charité-Einrichtungen „Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Pathobiochemie“ und „Labor für Biofluidmechanik“ waren auch die Unternehmen Eschweiler GmbH & CO KG Kiel sowie die SCIENION GmbH Berlin mit an Bord.  

 

„Einer der spannenden Punkte war, dass wir sehr interdisziplinär gearbeitet haben“, sagt Projektleiter Jakob Reck vom Fraunhofer HHI. „Wir hatten Forschende aus der Medizin, der Fluidmechanik, der Oberflächenchemie, der Photonik und der Elektronik dabei.  Die beiden Unternehmen sind jeweils Spezialisten aus den Bereichen Blutgasanalyse und Oberflächenfunktionalisierung.“

 

Das verwendete Konzept des Sensorchips kommt ursprünglich aus der Telekommunikationstechnik, wo es zur Filterung von Laserlicht genutzt wird. „Für unsere Versuche haben wir auf dem Chip mehrere Ringe aus Siliziumnitrid-Material aufgebracht – sogenannte Mikroring-Resonatoren –, die wir als photonische Sensoren genutzt haben“, erläutert Reck. „Vereinfacht gesagt, durchleuchten wir den Chip mit einem für den Menschen ungefährlichen Laserlicht und wenn an den Ringen ein neues Molekül angelagert wird – also etwa aus dem Blut – dann verändert sich der Brechungsindex des Rings und damit das Signal, das der Chip abgibt.“ Der Physiker stellt einen erklärenden Vergleich an: „Die Ringe sind im Prinzip wie Gitarrensaiten: Wenn eine Materialprobe auf sie trifft, verändert sich der Ton und das können wir messen. Die ‚Gitarrensaiten‘ können wir in der Photonik extrem empfindlich gestalten – für eine entsprechend klare Signalgebung und Analytik.“

 

Deutlich weniger Blut benötigt 

Neben der kompakten Bauweise hat die Sensorlösung einen weiteren entscheidenden Vorteil: Es wird deutlich weniger Blut für die Messung der Elektrolyte benötigt. Bei den herkömmlichen Messmethoden ist ein Blutvolumen von bis zu 80 Mikrolitern notwendig - obendrein braucht es für jeden Elektrolyten einen eigenen Messfühler. „Die Oberfläche des Chips hingegen kann auf zahlreiche Analyte angepasst werden und es reicht eine Blutmenge von 20 Mikrolitern aus“, sagt Reck. 

Auch im Außeneinsatz könnte die Sensorlösung zukünftig problemlos verwendet werden, nennt Reck einen weiteren Vorteil. Der aktuelle Demonstrator des Sensorkopfes passe in einen Schuhkarton und der Chip liefere das Ergebnis in unter einer Minute. „Man muss weder stundenlang auf ein Ergebnis warten, noch ist ein Labor notwendig“, sagt der Wissenschaftler. Auch wenn am Ende das Projekt noch kein fertiges Handgerät stand, so ist Reck zuversichtlich, dass die Technik ihren Weg in die Industrie finden und am Ende ein entsprechendes Analysegerät auf dem Markt sein wird.  

 

Da die Technologie keineswegs auf die Bestimmung von Elektrolyten beschränkt ist, wird in dem Projekt PolyChrome, das auch am HHI läuft, an weiteren Anwendungsgebieten geforscht. „Das Fraunhofer HHI ist auch bei PolyChrome als Forschungspartner beteiligt, hier geht es vor allem darum, neue Anwendungen für die Sensorik und Analytik kostengünstig und kompakt zu realisieren“, sagt Reck. „So forschen wir unter anderem an einer Anwendung in der Wasseranalytik – da könnten wir beispielsweise auch sehr schnell und vor Ort Coronaviren, Legionellen oder Medikamentenrückstände im Trink- bzw. Abwasser nachweisen.“ Das PolyChrome-Projekt mit zwölf Projektpartnern ist im April vergangenen Jahres gestartet und läuft bis März 2025. Auch dieses Projektvorhaben wird seit Initiierung durch die beiden Berlin Brandenburger Cluster Optik | Photonik und HealthCapital begleitet. 

 

 

Links: https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2022/dezember-2022/sensorloesung-prueft-elektrolythaushalt.html 

Folgeprojekt https://polychrome-berlin.de/sin-sensoren/