Interview: Fragen an Dr. Jörg Heldmann, Geschäftsführer / Managing Director der Charité-Tochter WHS Foundation GmbH zum World Health Summit

 

 

 

Der World Health Summit wurde 2009 in Berlin gegründet. Wie kam es dazu und welche Rolle spielte Berlin dabei?

Der World Health Summit wurde zum 300-jährigen Jubiläum der Charité gegründet. Die Konferenz sollte im Rahmen der Feierlichkeiten das Vermächtnis des Mediziners und Politikers Rudolf Virchow ehren und weitertragen. Der Name World Health Summit war aus heutiger Sicht schon sehr ambitioniert und weitblickend, denn damals war das Ganze eher als kleinere Public Health Konferenz gedacht. Es entwickelte sich aber recht schnell hin zu globalen Themen, also zu Global Health. Erfolgreich war der World Health Summit übrigens schon aus dem Stand: Die Charité konnte durch ihr internationales Netzwerk enorm viele Fachleute aktivieren und bei der ersten Veranstaltung waren bereits über 1.000 Teilnehmer aus der ganzen Welt dabei.

Wie haben sich die Themen und Formate des World Health Summit seitdem entwickelt?

Die Formate haben sich über die Jahre bewährt und sind weitgehend gleich geblieben. Die Keynotes sind unser Vorlesungsformat mit den eher großen Themen, dem Big Picture. Bei den Paneldiskussionen diskutieren die Sprecher auf der Bühne miteinander, das kann zum Teil auch schon mal sehr kontrovers sein. Bei unserem dritten Format, den Workshops, diskutieren Panel-Teilnehmer und Publikum miteinander. Verändert hat sich die thematische Ausrichtung des World Health Summit: Zu Beginn war er eher akademisch geprägt, obwohl es bereits viele Teilnehmer aus anderen Bereichen wie Politik, Zivilgesellschaft und Industrie gab. Inzwischen hat der politische Teil stark an Bedeutung gewonnen, was auch daran liegt, dass Deutschland eine immer stärker werdende Rolle in der globalen Gesundheitspolitik spielt – ein wichtiger Standort für Lebenswissenschaften und Gesundheitswirtschaft ist es ohnehin.

Welche Themen sehen Sie maßgeblich für den World Health Summit der kommenden Jahre?

Ein großes Thema in Zukunft wird der Schutz vor Epidemien und Pandemien bleiben. Hier dachte man ja bisher, dass die internationale Staatengemeinschaft da schon weiter wäre. Die aktuelle Situation hat jedoch gezeigt, dass hier viele Fragen offen sind. Beim World Health Summit hat Pandemievorsorge übrigens von Anbeginn an eine Rolle gespielt. Auch die Stärkung der Gesundheitssysteme weltweit ist eines der Topthemen und ein bedeutendes To-Do der kommenden Jahre, ebenso natürlich Digitalisierung und Künstliche Intelligenz in Forschung und Krankenversorgung. Nicht zu vergessen Klimawandel und Gesundheit. Auch damit beschäftigt sich der World Health Summit seit vielen Jahren. Dieses Thema gewinnt zurecht mehr und mehr an Bedeutung und damit an Aufmerksamkeit der (Fach-)Öffentlichkeit und Politik.

Welche Möglichkeiten haben Unternehmen, sich im Rahmen des World Health Summit für das Thema Global Health einzusetzen?

Unternehmen kommen dann ins Spiel, wenn es um Produkte und Prozesse geht. Ohne sie geht es nicht. Die aktuelle Pandemie hat gezeigt, dass die Produkte, die helfen, aus der Wirtschaft kommen. Diese Produkte basieren wiederum auf vorhergehender, teilweise öffentlich finanzierter Forschung. Deshalb ist die Wirtschaft ein fester Teil des World Health Summit. Bei uns können die Unternehmen allerdings kein Product-Placement betreiben, sondern es geht immer um Strategien und die große Linie. Gerade für sich entwickelnde Regionen haben Unternehmen vom Start-up bis zum Konzern eine Expertise zu bieten, die man sonst nirgends findet.

Sie sind nicht nur Geschäftsführer des World Health Summit, sondern auch administrativer Direktor der Stabsstelle Charité Global Health. Welche Aufgaben hat diese Einheit?

Charité Global Health wurde 2018 gegründet und ist vor allem Schnittstelle zwischen den vielen Instituten, Kliniken und Protagonisten, die relevante Projekte in Forschung, Lehre und Krankenversorgung im Bereich Global Health betreiben, dem Vorstand der Charité und externen Stakeholdern aus anderen Sektoren. Die Stabsstelle für Global Health, die der Charité-Virologe Christian Drosten und ich gemeinsam leiten, hat dafür gesorgt, dass sich dies ändert und die vielfältige Forschung und Arbeit zu diesem Thema sichtbarer wird. Als nächstes ist Stärkung des Themas durch die strukturelle Weiterentwicklung in Form eines eigenen Zentrums angedacht. Sicher ist, dass Global Health insgesamt wichtiger wird und Deutschland und Berlin dabei eine wesentliche Rolle spielen werden.