"Digitaler Kopf" Sylvia Thun kommt nach Berlin
Damit Medizin- und Forschungsdaten bei der Diagnose von Krankheiten und Heilung von Patientinnen und Patienten helfen können, müssen diese zusammengeführt und mit Echtzeit-Patientendaten vernetzt werden. Am BIH kümmert sich ab sofort Professorin Sylvia Thun um diese Datenvernetzung. Sie wird die Einheit „eHealth und Interoperability“ am BIH aufbauen. Ihr Spezialgebiet ist die intersektorale Vernetzung: Kliniken, Arztpraxen und Labore werden miteinander verbunden, so dass ein schneller, sicherer und fehlerfreier Austausch von Daten möglich ist. Bislang gibt es in Deutschland keine allgemein gültige Strategie hinsichtlich der Nutzung von internationalen IT-Standards für Datenkommunikation in der Medizin. „Wir wollen solche Standards nutzen und weiterentwickeln, um die personalisierte Medizin an BIH, Charité und MDC voranzubringen und damit Berlin zum nationalen Vorreiter für medizinische IT-Standardisierung zu machen. Das Know-how von Sylvia Thun als angesehene Expertin ist für das BIH ein großer Zugewinn“, sagt Professor Martin Lohse, Sprecher des BIH sowie Vorstandsvorsitzender des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC). Thun beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren mit der Vernetzung von Forschungs- und Versorgungsdaten und den Hürden des freien Datenaustausches. Sie berät in zahlreichen Gremien politische Akteure sowie Einrichtungen im Gesundheitswesen.
„Ich möchte einen Austausch von Daten zwischen Menschen, Maschinen, Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten erreichen – von den individuellen Laborwerten über Radiologie- und Pathologiebefunde bis zur Forschungsdatenanalyse“, sagt Sylvia Thun. Dies könne nur gelingen, wenn die Daten schnell, fehlerlos und umfassend vergleichbar seien. Dies wiederum erfordert eine gemeinsame medizinische Terminologie, die so genannte syntaktische und semantische Interoperabilität von Daten. Um am BIH und der Charité eine umfassende Interoperabilität aller Schnittstellen zu gewährleisten, wird Sylvia Thuns Arbeit zunächst darauf abzielen, IT-Standards zu implementieren, die übergreifend an Charité und MDC Anwendung finden. Sylvia Thun ist eine Verfechterin der einheitlichen medizinische Begriffssystems SNOMED CT, dessen Verbreitung sie in Deutschland vorantreiben und als einheitlichen Standard etablieren möchte. Dazu gehören international favorisierte IT-Standards wie HL7 FHIR und IHE, die eine sichere elektronische Kommunikation ermöglichen.
Ausgezeichnet als "Digitaler Kopf"
Mit der Rekrutierung von Sylvia Thun ist es dem BIH gelungen, eine national und international ausgewiesene IT-Expertin für die Medizin zu gewinnen. Die 1968 in Köln geborene Ärztin lehrt seit 2011 als Professorin für Informations- und Kommunikationstechnologie im Gesundheitswesen an der Hochschule Niederrhein. Dort ist sie zugleich Direktorin des 2014 gegründeten eHealth Kompetenzzentrums. Ihre Forschungsschwerpunkte sind IT-Standardisierung, semantische Interoperabilität und eCommerce im Gesundheitswesen. Zuvor befasste sich Sylvia Thun im Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) in Köln mit Terminologien und Klassifikationen, Arzneimittelinformationen und der Interoperabilität zwischen Softwaresystemen im Gesundheitswesen. Sie wirkte an nationalen und internationalen Projekten zur Gesundheitstelematik mit, ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des mibeg-Instituts für Medizin sowie Dozentin an verschiedenen Hochschulen. 2014 wurde Sylvia Thun vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zu einer der „Digitalen Köpfe“ Deutschlands ernannt.
Sylvia Thun wird Direktorin der Einheit „eHealth und Interoperability“ am BIH und dafür 49 Prozent ihrer Arbeitszeit einsetzen, mit 51 Prozent wird sie ihre Professur für Informations- und Kommunikationstechnologie an der Hochschule Niederrhein weiterführen.