Wie die Zukunft der Pflegeberufe in Deutschland aussehen muss - Charité-Vorstand für Personal und Pflege legt gemeinsam mit anderen Kliniken Positionspapier vor
Die Charité möchte aktiv neue Wege gehen, um dem Mangel an Pflegefachkräften zu begegnen und die Qualität der Pflege weiterzuentwickeln. Aktuell geplante gesetzliche Reformen bieten eine Chance, die strukturell erforderlichen Veränderungen gesetzlich zu verankern und den Einstieg in die internationale Anschlussfähigkeit der Pflegeberufe in Deutschland zu sichern. Die Berliner Universitätsmedizin engagiert sich seit vielen Jahren, die Qualität der Gesundheitsversorgung durch gute Bedingungen in der Pflege zu unterstützen. Dazu gehören beispielsweise die bessere Versorgung der Patient:innen durch ein tariflich geregeltes, angemessenes Verhältnis von Pflegefachpersonen zu Patient:innen (Nurse-to-Patient Ratio), die Schaffung von Rollen für akademisch qualifizierte Pflegefachpersonen, wie zum Beispiel die „Endometriose Nurse“, und den erfolgreichen Aufbau des Studiengangs Bachelor Pflege. Vorstandsmitglied Carla Eysel sieht die Erfolge als wichtigen Schritte an und weiß, dass es über strukturelle Veränderungen gelingen muss, weitaus mehr Fachkräfte für eine zukunftsfähige Krankenversorgung zu begeistern und zu gewinnen: „Um international anschlussfähig zu sein, die Berufsflucht zu reduzieren, den Beruf attraktiv zu gestalten und so auch die vielen internationalen Pflegekräfte gut zu integrieren, die wir benötigen, um die Lücke von rund 35.000 Pflegefachpersonen im deutschen System zu schließen, braucht es einen eigenen Handlungsrahmen für akademisch qualifizierte Pflegefachpersonen, der über die heutigen Regelungen im Pflegeberufegesetz hinausgeht. Wir möchten gemeinsam mit anderen Kliniken konkrete und umsetzbare Vorschläge unterbreiten und sehen im Krankenhaustransparenzgesetz und im Klinikreformgesetz eine geeignete Möglichkeit.“
Patient:innen erhalten über das neue Transparenzregister die Möglichkeit, sich über die Qualität der Versorgung der einzelnen Kliniken zu informieren und gute Pflege ist ein wichtiger Qualitätsindikator. Mit der Aufnahme von Qualitätsindikatoren wie dem Ausbildungsstand sowie der Pflegepersonalausstattung in das Register lässt sich ein Anreiz schaffen, die Quoten akademisch qualifizierter Pflegfachpersonen zu steigern. Eine angemessene Ausstattung des stationären Bereichs mit Pflegefachpersonen ist für Patient:innen gut nachzuvollziehen und hat in Ländern, in denen sie als Nurse-to-Patient Ratio eingeführt wurde, bereits nachweislich zur Qualität der Krankenversorgung beigetragen. „Nur durch die Festlegung international anschlussfähiger Standards, die den regionalen Bedürfnissen und Bedingungen Rechnung tragen, können wir die Exzellenz der Pflege, und auch die Attraktivität des Berufs sichern, die notwendig ist, um den aktuellen Standard an medizinischer Versorgung für die Zukunft zu sichern“, ergänzt Carla Eysel.
Rollenbilder und Kompetenzen der Pflege
Die Charité hat im Frühjahr einen Austausch mit Kolleg:innen und Expert:innen aus dem In- und Ausland zur Rolle der Pflege und ihrer Professionalisierung gestartet. Dabei wird deutlich, dass andere Länder schon jetzt Modelle der Einbindung der Pflegeprofession im Gesundheitssystem erfolgreich vorleben. Der Pflegeberuf wird dadurch wesentlich attraktiver und bietet größere Chancen für die berufliche Weiterentwicklung. Carla Eysel betont: „Die Berufsausbildung in Deutschland ist eine gute Grundlage für ein durchlässiges System. Es fehlt in Deutschland aber am international üblichen autonomen Handlungsrahmen für akademisch über Bachelor- und Masterabschlüsse qualifizierte Pflegefachpersonen. Die heutigen Regelungen des Pflegeberufegesetzes spiegeln im zulässigen Umfang in der Praxis ihre Kompetenzen nicht wider. Unseren Pflegekräften fehlt es an Autonomie, da sie beispielsweise nicht befugt sind, eigenständig zu impfen, Medikamente zu verschreiben und ab Master-Level Diagnosen zu stellen.“ Mögliche Lösungsstrategien sieht die von der Charité initiierte Gruppe daher in der Stärkung der Kompetenz und Autonomie von Pflegefachpersonen durch eine Ergänzung des Pflegeberufegesetzes. Der Grad der Autonomie richtet sich dabei nach dem erreichten Ausbildungsniveau. Ein angemessener Qualifikations- und Besoldungsmix entspricht den jeweiligen Anforderungen der einzelnen Stationen und Kliniken. So werden klinische Karrieremöglichkeiten für Pflegefachpersonen geschaffen, der Beruf wird attraktiv und internationale Fachkräfte können gut integriert werden.
Im Rahmen des WHS wird das von der Gruppe um Carla Eysel erarbeitete Positionspapier zum Neudenken von Pflege in Kliniken an Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach überreicht.
Die Podiumsdiskussion “Rethinking Nursing. New Roles and Competency Models Leading the Way Towards a Global Nursing Standard” findet statt am Sonntag, den 15. Oktober von 14:00 bis 15:30 Uhr.
Die digitale Teilnahme per Livestream ist ohne vorherige Registrierung oder Anmeldung über den YouTube-Kanal des WHS möglich.