SPARK-Projekt erhält Millionenförderung für neue Epilepsie-Therapie
Prof. Regine Heilbronn gehört zu den Preisträgerinnen der diesjährigen Auswahlrunde der BMBF-Fördermaßnahme von „Gründungsoffensive Biotechnologie GO-Bio“, die gründungswillige Forschende mit innovativen Ideen aus den Lebenswissenschaften in der frühen Projektphase unterstützt. Das Team um Regine Heilbronn, Leiterin des Instituts für Virologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, hat gemeinsam mit Prof. Christoph Schwarzer von der Medizinischen Universität Innsbruck eine neuartige Therapie für fokale Epilepsien entwickelt und erhält dafür über drei Millionen Euro. Die Therapie ist eine sogenannte „drug on demand“-Gentherapie, die auf adeno-assoziierten viralen (AAV) Vektoren basiert, die einmalig in das betroffene Gehirnareal injiziert werden und fokal anfallshemmende Neuropeptide produzieren. Vor Beginn eines epileptischen Anfalls werden die transduzierten Zellen durch die hochfrequente, neuronale Erregung zur Ausschüttung der Neuropeptide angeregt und epileptische Anfälle über viele Monate vollständig unterdrückt. Anders als bei konventionellen Wirkstoffen ist die Freisetzung lokal und zeitlich streng begrenzt. Mit diesem Therapiekonzept können Anfälle langfristig verhindert, Nebenwirkungen minimiert und Verluste beim Lernen und Denken verhindert werden. Prof. Dr. Axel Radlach Pries, Dekan der Charité, freut sich über die positive Förderbewilligung: „Das von Prof. Heilbronn geplante Projekt zur Genvektor-basierten Therapie hat aufgrund der langfristig wirksamen, erregungsgesteuerten Wirkstofffreisetzung das Potenzial, ein neues Kapitel in der Behandlung von Epilepsien aufzuschlagen.“
Bereit für die Ausgründung und die Vektor-Produktion
Die Forschung von Prof. Heilbronn und ihrem Team wurde 2017 von SPARK Berlin begleitet. SPARK Berlin ist Teil von Berlin Health Innovations, der gemeinsamen Technologietransfer-Einheit von Charité und dem Berliner Institut für Gesundheitsforschung/Berlin Institute of Health (BIH), und wird durch die Stiftung Charité und das BIH gemeinsam finanziert. Hier erhalten die Teilnehmenden Mentoring, Coaching und finanzielle Unterstützung, um die Translation ihrer Erfindungen in klinisch relevante Medikamente, Diagnostika und Therapien zu beschleunigen.
„Ich freue mich sehr, dass die Anstrengungen des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung, die Innovationskultur in allen Bereichen, von Digital bis Pharma, weiterzuentwickeln, Früchte tragen. Die zusätzliche GO-Bio-Förderung wird nun dem Team um Prof. Heilbronn ermöglichen, ihre Innovation rasch zum Patienten zu bringen“, sagt Dr. Rolf Zettl, Administrativer Vorstand des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung und das für Berlin Health Innovations verantwortliche Vorstandsmitglied. Am Ende der dreijährigen GO-Bio-Förderung soll bereits das fertige Produkt für klinische Studien zur Verfügung stehen. Das innovative „drug on demand“-Konzept eröffnet zudem neue therapeutische Perspektiven auch für andere, bislang schwer behandelbare chronische Erkrankungen.
Fokale Epilepsie schwer behandelbar
Das Potenzial für die neue Therapie ist hoch. „Epilepsien gehören zu den häufigsten chronischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems, von denen allein in der EU mehr als fünf Millionen Menschen betroffen sind“, sagt Regine Heilbronn. Die häufigste Form der fokalen Epilepsie ist die Temporallappenepilepsie, mit ca. 600.000 chronisch Kranken allein in Europa. Diese Form der fokalen Epilepsie ist medikamentös besonders schwer oder gar nicht behandelbar. Betroffene entwickeln häufig Störungen im Gedächtnis, beim Lernen und bei der Emotionskontrolle, die die Lebensqualität der Erkrankten erheblich beeinflussen, da sie am gesellschaftlichen Leben immer weniger teilnehmen können. Je nach Zugänglichkeit des epileptischen Fokus ist die neurochirurgische Entfernung des betroffenen Areals möglich, doch viele Patientinnen und Patienten scheuen den operativen Eingriff am offenen Gehirn, der zudem keine dauerhafte Anfallsfreiheit garantiert.
„Wir haben wirklich innovative Daten und eine einzigartige Therapieform entwickelt, aber wir haben auch sehr von der Unterstützung der Stiftung Charité und des BIH sowie der Teilnahme am SPARK-Programm profitiert, unter anderem durch das Mentoring, die Pitch-Trainings und dem intensiven Coaching in unternehmerischen Fragen“, sagt Prof. Heilbronn. „Die Stiftung Charité setzt sich seit ihrer Gründung für eine Innovationskultur ein, in der Forschung und klinische Anwendung Hand in Hand gehen. Dass die von uns in den vergangenen Jahren gesetzten Impulse im Technologietransfer nun mehr und mehr ihre Wirkung entfalten, stellt auch die Auszeichnung von Professorin Heilbronn eindrücklich unter Beweis“, sagt Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner, Vorstand der Stiftung Charité.