Aktuelles Interview: Joscha Hofferbert, er hat zusammen mit Maike Henningsen und Maren Lesche den„Vision Health Pioneers”-Inkubator gegründet

Die Zahl der Health-Inkubatoren und -Acceleratoren in der Hauptstadtregion wächst. Das ist eine positive Entwicklung, doch es kann nie genug unterstützende Angebote für Start-ups geben. Deshalb haben Maike Henningsen, Maren Lesche und Joscha Hofferbert Ende November den „Vision Health Pioneers“-Inkubator gegründet. Mit dem neunmonatigen Programm vermitteln sie Gründerwissen und helfen, die Ideen in der Praxis zu erproben. Eine Besonderheit: Wer an dem Programm teilnehmen will, sollte zumindest ein Teammitglied mit Medizinerfahrung haben.

Wir haben mit Mitgründer Joscha Hofferbet über die Ziele und Vorstellungen des neuen Inkubators gesprochen.

In der Hauptstadtregion sind in den vergangenen Jahren sowohl aus der Industrie als auch aus der Wissenschaft und den Kliniken Inkubatoren und Acceleratoren entstanden. Sie haben mit Vision Health Pioneers einen weiteren Inkubator an den Start gebracht. Welche Lücke wollen Sie damit füllen?

Berlin hat jede Menge Inkubatoren und Acceleratoren. Es gibt aber noch immer zu wenig Angebote für Gründerinnen und Gründer mit starken Ideen für die Gesundheitsbranche oder den Life Science-Bereich. Was „Vision Health Pioneers“ von anderen Programmen unterscheidet, sind die Länge, die Tiefe und die Neutralität des Programms. Die Fördermittel des Senats Berlin und des Europäischen Sozialfonds (ESF) machen uns unabhängig. Wir konnten ein nachhaltiges Programm konzipieren, das den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die nötige Zeit gibt, um ihre Ideen und Prototypen direkt zu testen. Mit neun Monaten ist unser Programm dreimal so lang wie traditionelle Accelerator-Programme. Und gerade in der Gesundheitsbranche brauchen wir Zeit für User Research!

Was ist das Ziel des Programms? Und welche Kriterien gibt es für die Förderung?

Thematisch sind wir ganz offen: Eine gute Femtech-Idee bekommt ebenso eine Chance wie ein Medtech-Produkt. Allerdings sollte mindestens ein Teammitglied der Start-ups einen Medizinhintergrund haben. Denn man muss das Problem kennen, wenn man es lösen will – gerade im komplexen Gesundheitsbereich.  Unser Programm ist an den Entwicklungsphasen eines Start-ups ausgerichtet: In der ersten Phase validieren wir die Ideen. Zudem vermitteln wir Wissen, das für die Gesundheitsbranche essenziell ist. Dazu zählen zum Beispiel Regulierung, Zertifizierung oder spezielle Rückerstattungsmodelle – alles durch Healthcare-Experten vermittelt. In der zweiten Phase bauen wir die Produkte und setzen dabei auch auf Partner wie Fraunhofer oder die FIWARE Foundation. Am Ende des Programms müssen sich die Start-ups beweisen: Der Markt und das Feedback von Investoren werden zeigen, ob wir einen guten Job gemacht haben und die Produkte wirklich ein echtes Problem lösen.  

Bis September 2021 sollen im Inkubator in zwei Batches über jeweils 9 Monate rund 40 Medizin- und Technologieexperten betreut werden. Was erhalten die Teilnehmer und mit welchem Ergebnis sollen diese das Programm durchlaufen?

Es gibt für jeden ein Stipendium von insgesamt 18.000 Euro, das nicht zurückgezahlt werden muss.  Insgesamt werden wir mehr als 30.000 Euro pro Person investieren. Wir haben mehr als 15 Partner an Bord. Dazu zählen Kliniken wie Sana und Beelitz Heilstätten, Pharma-Unternehmen wie Sanofi, Pfizer und Sandoz, Servicedesign und User-Experience Experten von Designit oder Netzwerke wie Flying Health und EIT Digital. Juristisch werden die Teams durch die international agierende Anwaltskanzlei Taylor Wessing unterstützt. Sollte ein Team noch auf der Suche nach Technologien sein, unterstützt Fraunhofer Venture. Am Ende der neun Monate wollen wir anwendbare Lösungen haben und selbstbewusste Start-ups auf den Markt entlassen.

Der Aufbau eines Inkubators und die Betreuung der Projekte ist organisatorisch und finanziell eine Herausforderung. Wie stemmen Sie das? 

„Vision Health Pioneers“ wird durch den Senat Berlin und den ESF im Rahmen des Berliner Startup Stipendiums mit 1,5 Millionen Euro finanziert. Wir bauen ein Team von sechs Experten auf – nicht alle Vollzeit, aber alle mit Gründer-DNA und langjähriger Erfahrung. 900.000 Euro fließen in Stipendien und Coworking. Und wir verfügen über ein starkes Netzwerk, aus dem wir neben unseren Mentoren auch Juroren gewinnen können, die uns bei der Auswahl der Stipendiatinnen und Stipendiaten helfen. Ein kleines Team von Advisors gibt dem Inkubator-Team wichtige Tipps zur Umsetzung des Programms.

Ab Dezember beginnt die Bewerbungsphase für Ihren ersten Start-up Batch. Wie läuft der Bewerbungs- und Auswahlprozess?

Start-ups können sich als Team von zwei bis vier Personen auf unserer Webseite (www.VisionHealthPioneers.de) informieren und sich über das Bewerbungsportal bewerben. Wir fordern recht viele Unterlagen, auch ein kurzes Video und ein Pitch Deck. Ist man gut vorbereitet, dauert die Bewerbung nicht länger als 30 bis 40 Minuten. Die Bewerbungsfrist endet am 31. Januar 2020. Anschließend wählt eine Jury die überzeugendsten Teams aus. Bis Mitte Februar informieren wir unsere Wunsch-Kandidaten. Ab dem 1. März 2020 startet dann die erste Kohorte.